Franz hatte eine Omanreise gefunden, die ihn faszinierte. Für drei Wiederholungstäter war es ein Leichtes, ihn stattdessen für Marokko zu begeistern. Er sollte auch hier sein Wüstenerlebnis bekommen.
Heute heißt es früh aufbrechen, um 8:30 Uhr wollen uns Anita und Franz zum Nürnberger Flughafen mitnehmen. Ohne Hetze erreichen wir unseren Ryan-Air-Flug um 11.40 Uhr. Nach der Alpenüberquerung gibt die Wolkendecke den Ausblick frei auf die trocken-braune iberische Halbinsel, die Straße von Gibraltar und ein erstaunlich grünes Marokko! Die Landung in Marrakesch ist sechzig Minuten verspätet. Hassan, unser Fahrer, hat also bereits eine Weile gewartet. Auch die Fahrt mit dem modernen Mercedes-Bus nach Casablanca dauert länger als die gedachten drei Stunden. Es ist bereits dunkel, die Rush-Hour in vollem Gange, als wir ankommen. Jeder ist froh, in diesen Chaos nicht selbst fahren zu müssen. Ein großes Zimmer erwartet uns im Hotel ‚Melliber‘, mit Blick auf die erleuchtete Hassan-Moschee. Zum Abendessen, jetzt ist unser Hunger schon spürbar, bestellen wir uns erstmals Tajine, als Vorspeise Garnelen. Eine Runde um den Häuserblock versetzt uns in „bare Zahlungsfähigkeit“, (am Flughafen hatte unsere Karte wieder mal gestreikt) und die Aufregungen des ersten Tages enden in erholsamem Schlaf.
Der Muezzin ruft! Blick auf das weltweit höchste Minarett, wir sind in Marokko. Das opulente Frühstück lässt das Gewichthalten zweifeln. Hassan holt uns ab, und entlässt uns kaum hundert Meter weiter auf dem Platz vor der Grande-Moschee, der zweitgrößten nach Mekka. Sie wurde auf Initiative König Hassans II errichtet, als das „anspruchsvollste Bauwerk Marokkos“. Ihre Lage direkt am Wasser und auf einen großen weitläufigen Platz ist beeindruckend. Als einzige darf sie auch von Nichtmuslimen besichtigt werden, die Führung dauert nur kurz. Auf Füßlingen, die eigenen Schuhe in der Tüte, gleiten wir über die Marmorböden, bewundern die Keramikmosaiken, Zedernholzschnitzereien und die gigantischen Kristalllüster. Auch Technik hielt Einzug: eine Fußbodenheizung im Gebetsraum, ein sich öffnendes Dach für die Nähe zu Allah, eine eigene Pforte für den König und versenkbare Metallwände zu seinem Schutz, sowie ein nächtlicher Laserstrahl Richtung Mekka. Vor dem Verlassen sehen wir die zeremoniellen Waschräume mit über 40 Brunnen in Form von Lotusblumen.
Die Fahrt nach Rabat, Hauptstadt und eine der vier Sultanstädte, dauert nicht lang. Mitten in der Altstadt liegt unser Quartier ‚Dar-Alia‘. An einer geeigneten Stelle werden wir von unserem Fahrer an die Besitzerin des Riads „übergeben“, welches nur wenige Meter entfernt ist. Es gibt den obligatorischen Minztee zur Begrüßung und wir machen uns bald auf, die nähere Umgebung zu erkunden. In einer Einkaufsstraße erstehen wir ein Fladenbrot mit Gemüsepaste und Fisch für ein paar Dirham. Einen Kaffee gibt es an der Mündung des Flusses Bou Regred zu Füßen einer alten Kasbah, wo sich viele Städter vergnügen. Ein sehr schöner Moment, wenngleich die Zubereitung des ‚Nous Nous‘ dauert und er letztlich nicht schmeckt. Danach treffen wir im Riad auf unseren Stadtführer Mohammed. Er begleitet uns durch den ältesten Teil der Medina, die ‚Kasbah des Oudaia‘ (zu späte Erkenntnis: hier gibt es ein maurisches Café mit einer phantastischen Aussicht) und durch einen andalusischen Garten.
Per Chauffeur und dann zu Fuß erreichen wir das Palastviertel mit dem ausgedehnten Versammlungsplatz, den Regierungsgebäuden, der Freitagsmoschee und auch die Hauptresidenz König Mohammeds IV. Keiner der Königspaläste ist zu besichtigen, aus sicherer Distanz dürfen wir das repräsentative Eingangstor und die farbigen Uniformen der Wachen und Palastdiener bewundern. Am Mausoleum Mohammed V., der das Land in die Unabhängigkeit führte, sind sehr viele Einheimische unterwegs. Sie lassen sich gerne mit den Wachsoldaten ablichten. Das prächtige Grabdenkmal aus der jüngeren Zeit birgt die Sarkophage der letzten Könige. Als Minarett dient der Hassanturm, Relikt aus dem Bauvorhaben einer großen Moschee, der „Unvollendeten“. So findet er sich, statt einer Treppe mit einem Wendel versehen, auf halbe Höhe gekürzt, inmitten einer Plattform mit Säulenstümpfen.
Unser Guide läuft mit uns noch durch etliche Souks, erzählt vom Leben in Marokko, verhilft uns zu Kleingeld für das überall gegenwärtige Bakschisch und auch ein Tee mit Gebäck darf nicht fehlen. Das Warenangebot erscheint uns riesig, viele Menschen sind, weil arbeitsfrei, unterwegs und ganze Wagenladungen voll Erdnüssen und Erdbeeren echt verlockend. Letztere gibt es als Nachtisch im total ruhigen Innenhof des Riad und unser Gastgeber spricht sogar deutsch mit uns.
Wir werden von einer Kakofonie von Gebetsrufen, Hahnengeschrei und Geschirrgeklapper geweckt. Vormittags fahren wir nach Meknes, der kleinsten und ursprünglichen der vier Königsstädte. Moulay Ismail, der Alouitenherrscher im eingehenden 18. Jahrhundert, machte sie zu seiner Hauptresidenz. Er war von Prunksucht und Gigantomanie besessen und der grausamste Despot der marokkanischen Geschichte. Wir hatten hier eine Chance auf ein Café und etwas Treibenlassen erwartet. Aber man reist ja nicht zum Faulenzen. Unser Fahrer reicht uns sofort an einen bereitstehenden Stadtführer weiter – wir hatten hier keinen gebucht – der uns durch die Gassen der Medina mit ihren zahlreichen Händler- und Handwerksbetrieben zur Medersa ‚Bou Inania‘ führt. Die Koranschule aus dem 14. Jahrhundert hat einen schmucken Innenhof mit Brunnen und Mosaikboden, Fayence-Mosaiken und Zedernholzschnitzereien zieren die Wände. Nebenan besuchen wir den Innenhof einer verfallenen pittoresken Karawanserei. In der Sultanstadt, ein Areal größer als die gesamte Altstadt, zeugt der riesige Kornspeicher ‚Heri Suani‘ mit 2-3 Metern dicken Mauern von dem Bedarf des Hofes. Ein Teil der Gewölbe ist durch ein Erdbeben eingestürzt, die gewaltigen Pfeiler stehen noch und bieten mit den verbindenden Querbögen eine beeindruckende Architektur. Aus 40 Meter tiefen Brunnen wurde mit Schöpfrädern, benötigtes Wasser geholt. Nun ist es aber Zeit für ein Mittagessen auf einer Hotelterrasse. Die Blätterteigpastete, Bstella, ist und bleibt mit Fleisch, Mandeln, vielen Gewürzen und Puderzucker eine subtile Delikatesse. Hassan drängt zum Aufbruch.
In Volubilis hat man eine Römerstadt ausgegraben und dabei sehr sehenswerte Mosaiken freigelegt. Anita und Franz hetzen unter sengender Sonne interessiert durch die Ruinen, während Rosi und Otto bequem im Schatten eines Baumes einen Pfefferminztee schlürfen.
Die anschließende Fahrt nach Fes erinnert sehr an die Toskana. Im Riad ‚Lune et Soleil‘ bleibt sogar noch etwas Zeit für die Dachterrasse. Nach einer geschmackvollen Tajine mit Couscous und einem Gläschen Mekneswein verweilen wir noch lange im gemütlichen Glashaus.
Die Nacht ist nicht so erholsam. Das Bett, klein und an die Wand gestellt, gibt wenig Bewegungsraum und die Männer quälen sich mit Albträumen aus ihrer Schulzeit. Ein Resultat der vorabendlichen Unterhaltung? Aber das Frühstück macht alles wett. Danach holt uns der hiesige Führer Mohammed ab und begrüßt uns, auch im Namen des Landes und der Stadt Fes. Schon am ersten Besichtigungspunkt, dem Königspalast, wissen wir, es wird ein anstrengender Tag werden. Ein immenses Lauftempo, pralles Universitätswissen, umfangreicher Wortschatz gepaart mit kaum verständlicher Aussprache stehen äußerstem Bemühen und dem Wunsch gegenüber, alles gut zu machen. Der Blick von einem Hügel auf die Stadt ist interessant. Nebenan liegt ein muslimischer Friedhof, jede Grabstelle nur einmal belegt und die Grabsteine nach Mekka ausgerichtet. Die Medina von Fes lässt sich nur zu Fuß erkunden, eng, verwinkelt und teilweise mit Treppen verbunden geht es bergauf und bergab durch die Gassen. Schon nach kurzer Zeit wären wir ohne Führer verloren. Jedes Viertel besitzt eine Moschee, eine Koranschule, eine Einkaufsstraße, einen Brunnen, einen Backofen und einen Hammam. In der Mittagspause probieren wir „Kaab el Ghezal“, Gazellenfüßchen, mit Mandelpaste gefülltes hörnchenförmiges Gebäck. Fes gilt als das geistige und religiöse Zentrum, die Moschee ‚el Kairouine‘ aus dem Jahr 857, die dazugehörige Hochschule, gegründet 956, ist die älteste Universität der Erde. Die Medersa ‚Bou Inania‘ mit bronzeverkleideten Flügeltüren, gleicht sehr der Namensvetterin in Meknes. Der an den Hof angrenzende Gebetsraum und die Räume der Studierenden sind für Nichtmuslime tabu. Und dazwischen Handwerks- und Händlergassen, Einkaufsgelegenheiten für Tonwaren, Stoffe und Lederwaren. Im Gerberviertel steigen wir, mit einem Minzzweig gegen den Gestank bewaffnet, auf die Terrasse, um von dort in die Bottiche der Gerber zu schauen. Kein guter Job, auch nicht für den jungen Verkäufer, der mit uns kein Geschäft macht. Als wir im Riad ankommen sind wir über 17.000 Schritte gelaufen und haben uns das leckere Hähnchen mit Feigen und Mandeln wohl verdient.
Heute ist mit 445 Kilometer der längste „Ritt“ auf dieser Reise fällig. Wir verlassen Fes in Richtung Süden und machen den ersten Stopp in Ifrane. Man scheint Marokko verlassen zu haben, denn hier entstand inmitten ausgedehnter Zedernwälder, unter französischem Einfluss, eine Ferienregion mit …. roten Spitzgiebelhäusern! Und das Klima schätzen nicht nur die reichen Marokkaner, hier leben auch Berberaffen, die an den Parkplätzen ausgiebig gefüttert und abgelichtet werden. Nach dem Mittagessen in einer Raststätte queren wir die Ausläufer des Hohen Atlas. Auf über 2000 m Höhe schützen gemauerte Schneefänger die Fahrbahn vor den frostigen Ablagerungen der Winterstürme. Die Landschaft ist karg, nur Ziegenherden und ihre Hirten leben hier. Sehr lieblich zeigt sich dann das Ziz-Tal mit Oasen, Lehmdörfern und blühenden Obstbäumen. Wasser ist Leben! So erreichen wir unser Hotel in Erfoud ‚La Rose du Desert‘. Hinter einer hohen Mauer, wir nehmen nichts von der Umgebung wahr, trinken wir unter großen Dattelpalmen unseren Willkommenstee. Franz wagt sich sogar in den eiskalten Pool, ohne Zuschauer wäre nach seiner Aussage ein Rückzieher denkbar gewesen. Beim Abendessen ist der Kamin angeheizt, der Abend auf der Terrasse wird schon etwas kalt. Ein Vorgeschmack auf die Wüste?
Erfoud ist eine Garnisonstadt der königlichen Armee im algerischen Grenzbereich, schachbrettartig angelegt, relativ jung. Erfoud ist auch die Stadt der Fossilien. In einer Kooperative können wir die in Gestein eingeschlossenen 400 Millionen Jahre alten Urkrebse, Tintenfische und Ammoniten in Tischplatten, Aschenbechern und Tellern bestaunen und erwerben.
Die ehemalige Karawanenstadt Rissani rühmt sich als Wiege der Alaouiten-Dynastie, Vorfahren des heutigen Königs. Ein junger Guide führt uns durch den Ksar (Dorf), auch in einen Teppichladen. Durch hartnäckiges Verhandeln erwerben Anita und Franz ein schmuckes Stück zu ihren Preisvorstellungen. Der ganze Ort strotzt von Händlern, auch Tiere werden hier verkauft. Es gibt sogar einen Eselparkplatz. Zu Mittag empfiehlt uns der touristenerfahrene Restaurantchef seine Berberpizza! Na ja!
Aufbruch in die Wüste. Hassan setzt uns im Hotel ‚Ksar Bicha‘ in Merzouga ab. Kommentarlos fährt er mit unserem großen Gepäck weg und lässt uns mit den Habseligkeiten für eine Nacht sitzen. Wir wissen nicht so recht, an wen wir uns wenden sollen, schließlich folgen wir beturbanten Wüstensöhnen zu den Kamelen. Sie nehmen uns mit! In einer langen Karawane schaukeln wir in die gewaltigen Sanddünen des ‚Erg Chebbi‘. Gerade als es anfängt, unangenehm zu werden, erreichen wir unser Camp. Wir, das sind außer uns Vieren, ein Ehepaar aus der Schweiz und ein junges französisches Paar. Die Schlafzelte werden verteilt, Franz und Anita erhalten auch hier ihr Twin-Bett. Bis zum Abendessen vertreibt sich jeder seine Zeit mit kleinen oder größeren Dünenwanderungen. Wir sind echt hungrig beim späten Mahl und verteilen gerecht, damit keiner zu kurz kommt. Alles haben wir aufgegessen, ….. als der zweite Gang kommt! Für das Nachspeisenobst bleibt fast kein Platz mehr. Am Lagerfeuer hat Ali Baba seine Mühe uns in Singlaune zu versetzen und gegen 22 Uhr ist Bettgehzeit.
Selbst in der Wüste sind die Rufe der Muezzin noch zu hören. Um 7 Uhr werden wir durch Klatschen geweckt, Frühstück ist fertig. Morgentoilette entfällt. So richtig geschlafen hat wohl keiner. Es war nicht kalt, vier Decken waren warm, aber schwer und bei jeder Bewegung rieselte Sand daraus. Aber so müssen Erlebnisse sein, an die man sich lange erinnert. Wir schaukeln zurück und Hassan erwartet uns bereits. Ein bisschen hängt uns der wenige Schlaf nach, aber auch die Landschaft ist lange Zeit öde. So ist es recht still im Auto, mancher schließt die Augen. In der Todra-Schlucht, einem nur wenige Meter breiten Felsdurchbruch, erwachen wir zu neuem Leben. Nach einer kurzen Regenerationspause machen wir uns von der Kasbah ‚Petit Nomade‘ auf zu einem Spaziergang durch die bewässerten Felder bis an den Rand von Tinerhir.
Über die „Straße der Kasbahs“ fahren wir ins Dadestal. Es ist landschaftlich die schönste Strecke unserer Reise. Die Felsformationen, die Oasen, auf die wir an den Aussichtspunkten hinabschauen, kaum zum Sattsehen. Dazwischen prächtige Kasbahs mit ihren meterdicken Mauern. Hassan fährt uns die Serpentinen hoch bis zu einem Hotel auf 2100 Metern mit tollem Ausblick. Es fällt auf, dass er sehr viele Leute kennt und als er am Straßenrand seine Mutter begrüßt wissen wir, hier ist er zuhause. In diesem fruchtbaren Tal werden neben Obst und Getreide auch Heckenrosen angebaut, „Rosa damascina“. In Knospen gepflückt wird Rosenwasser daraus gewonnen, welches man zur Aromatisierung von Speisen (Marzipan) und in der Kosmetik verwendet.
In Quarzazate ein kurzer Stopp, Filmmuseum oder Lehmburg? Es scheint, wir wissen nicht so recht was wir wollen, oder doch? Der Vorschlag in Ait Benhaddou zu essen, trifft unsere Vorstellung. Hassan entscheidet über das Restaurant, wir entscheiden uns für Brochettes und alles ist gut. Danach steigen wir in Eigenregie über Sandsäcke durch den fast trockenen Mellah-Fluss und suchen uns in dem verschachtelten Labyrinth des Dorfes einen eigenen Weg, verfolgt von Guides und Händlern. Prompt landen wir auf der Terrasse eines Privathauses mit herrlichem Ausblick. Der Hausherr nimmt‘s gelassen, auch das Bakschisch. Er fotografiert uns und ist zu Recht stolz auf sein Zuhause. Ait Benhaddou, Weltkulturerbe und Filmkulisse für große Filme, hält uns aber nicht lange.
Unsere heutige Schlafstätte ist die Kasbah ‚Ellouze‘, die wir schon vor acht Jahren bewohnt hatten. Dort haben wir ein weniger touristisches Lehmburgenensemble. Prompt kriegen wir auch ein bekanntes Zimmer zugewiesen. Franz will noch einige Fotoeindrücke sammeln, flieht aber letztlich vor „hilfsbereiten“ Anwohnern.
Wir sitzen gerade beim Frühstück, als wie angekündigt der Strom abgeschaltet wird. Macht nichts, der Kaffee ist heiß und die Pfannkuchen fertig. Um 9 Uhr brechen wir auf, um auf einer Nebenstrecke zur Feudalburg der Glaoui nach Telouet zu kommen. Wir kennen sie bereits und sind gespannt, ob sich der äußere Zustand verbessert hat. Es ist der Fall. Als wir neben dem Eintritt keinen zusätzlichen Führer löhnen wollen, reduziert dieser seinen Preis um die Hälfte und bekommt den Job. Im Laufe der Besichtigung wird uns klar, Mohammed war auch vor acht Jahren hier gewesen. Er hat mittlerweile sein „touristisches Auskommen“ als Führer, mit einem Laden und einem Restaurant. Am Ende der Nebenstrecke fehlen uns noch wenige Meter zur Passhöhe Tizi-n-Tichka Pass (2260 Meter). Die Rast am Scheitelpunkt wird für Franz zur Qual. Aufdringliche Händler haben sein Interesse an Mineralien und Steindrusen erspürt. Die restliche Strecke nach Marrakech ist eine einzige, staubige Baustelle. Wir verabschieden uns von Hassan und eilen flotten Schrittes unseren Koffern hinterher ins Riad ‚el Borj‘. Ein wunderschönes Haus, ein freundlicher Empfang und das beste Zimmer der Reise mit eigenem Terrassenzugang. Das nutzen wir und gehen erst zum Abendessen auf die lauten Straßen. In den Reiseunterlagen wird das „Le Marrachki“ empfohlen, für uns keine Wiederholung wert. Dann genießen wir die Atmosphäre des Djemaa el Fna Platzes.
Langes gemütliches Frühstück auf der Dachterrasse, ein Traum! Um 10 Uhr holt uns der Stadtführer ab. Wieder ein Hassan, wie vor acht Jahren, gleiche Figur, gleiches Aussehen! Noch zweifeln wir, aber im Laufe des Tages bekommen wir Gewissheit: er hat uns auch schon damals geleitet. Der erste Weg führt uns über den morgendlich ruhigen Djemaa el Fna. Wenige Touristenautos nehmen Fahrgäste auf und auch die Kaleschen vor der Koutoubia Moschee sind noch nicht alle fahrbereit. Wir umrunden die ‚Moschee des Buchhandels‘, das Wahrzeichen der Stadt. Auf dem Areal der Buchhändlersouks erbaut, daher der Name, von einem andalusischen Baumeister und in der Rekordzeit von nur einem Jahr. Die Kugeln auf dem 77 Meter hohen Minarett sollen aus dem Schmuck einer Sultansgattin gearbeitet sein. Auf den Fahnengalgen (Richtung Mekka) hisst der Muezzin freitags und feiertags die grüne Fahne des Propheten. Für den Bahia Palast besorgt uns Mohammed die Eintrittskarten, er erspart uns damit das Schlangestehen. Ein Großwesir hat diese Anlage erbauen lassen. Und weil er vier Frauen hatte und er alle gleich behandeln sollte, wurde es ein großer Komplex mit ineinander verschachtelten Räumen, Höfen und Gärten. Aber die Räume seiner Lieblingsfrau Bahia sind doch imposanter! In den Innenhöfen, mit Marmorplatten und Mosaiken ausgelegt, plätschern Brunnen, wachsen Orangenbäume und Bananenstauden, Jasmin und Myrre. Eine Oase der Ruhe, ….. wenn da nicht die Touristenmassen wären. Noch geraume Zeit schlendern wir durch die Gassen der Stadt, vorbei am ‚Bab Agnaou‘, dem Stadttor aus dem 12. Jh., dann ist Mittagspause. Will Mohammed uns die Eintrittsgelder für die Saadiergräber und den El Badi Palast ersparen? Die haben sich mittlerweile versiebenfacht. Egal, das Mittagessen schmeckt und danach geht es in die Souks. Babuschen, Tücher, Taschen, Gewürze und Früchte, aber auch Handwerker für Schlösser, Lampen, Matratzen und Silberwaren und die erneute Frage, wer braucht das alles? Im stillen Riad genießen wir die Dachterrasse und lesen. Die Entscheidung für unser letztes Abendessen machen wir uns nicht leicht. Wir ziehen hin und her, vergleichen Speisekarten und Sonnenplätze, wimmeln Werber ab und entkräften Einwände. Letztlich hat es gepasst, lediglich der Salat und das Lamm entsprachen nicht den Wünschen. Es war auch günstiger als gedacht und so erstehen wir mit unseren letzten Dirham auf dem großen Platz noch einige Datteln. Der gewiefte Verkäufer versucht zu tricksen, indem er nach dem Wiegen noch etwas Früchte ausleert. Nicht mit uns, Franz hat‘s gesehen, Rosi gemerkt! Ein gemeinsamer Kaffee im Riad und Bettruhe!
Ein letztes Mal einpacken, ein letztes Mal frühstücken und jedes Paar zieht nach eigenen Vorstellungen los. Im Park ‚Lalla Hasna‘ hinter der großen Moschee treffen wir uns ganz zufällig wieder und ziehen von da gemeinsam weiter. Anita hat noch Geld und lädt uns zu einem Kaffee mit Blick über den großen, noch leeren Marktplatz ein. Um 12 Uhr werden unsere Koffer verladen und mit uns zum Flughafen gebracht. Viel Warten, viele Kontrollen, ein ruhiger Flug und bei der Ankunft ist es bereits dunkel. Die Koffer sind da, auch der Shuttle-Bus. Franz fährt uns nach Burglengenfeld. Unterwegs essen wir im Winkler-Bräu in Lengenfeld gemeinsam zu Abend. Jeder bestellt, was er in letzter Zeit vermisst hat: Wurstsalat, Schweinsbratwürstel, Salat! Schnelle Verabschiedung in Burglengenfeld. Um 23.30 sind wir zuhause. Selten ein Urlaub in dem alles so problemlos war!
© copyright Rosi Kinateder