Den Plan, Schottland mit einem gemieteten Wohnmobil zu bereisen, gab es schon vor mehr als 15 Jahren. Damals ließ uns die BSE-Krise davon Abstand zu nehmen. Im vergangenen Jahr hatten wir die schon konkreten Ideen und Investitionen aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig einstampfen müssen. Schottland zum Dritten - das muss doch klappen! Und gleich vier Wochen, was früher, zu Berufszeiten, ganz unmöglich gewesen wäre. Wir buchen die Fähre von Amsterdam nach Newcastle, stecken eine Route durch das Land, tauschen uns mit unseren schottlanderfahrenen Nachbarn aus und starten am
Wir rüsten das Wohnmobil. Dank detaillierter Packlisten und fertig vorbereiteter Kisten keine große Aufgabe. So rollen wir schon mittags bei leichtem Regen vom Hof. Rosi braucht noch Sockenwolle, damit will sie mögliche Regenschauerphasen im Urlaub überbrücken. Bei Dasing wird der Drang nach Norden deutlich von Hungergefühl überlagert. Im dortigen Bauernmarkt locken Spareribs. Sie mit Besteck zu essen ist nicht gerade einfach, sie hätten etwas mehr Garzeit benötigt. Bei Harburg gibt´s eine großräumige Umleitung, in Dinkelsbühl Kaffeepause, weit sind wir noch nicht gekommen. Da wird die Strecke bis Amsterdam noch lang! Otto hat zum Übernachten eine Vorauswahl an Stellplätzen vorbereitet. Heute fällt unsere Wahl auf Schwetzingen. Ein Abendspaziergang bei Sonnenuntergang führt uns zum Schlosspark - leider schon geschlossen.
Die Sonne lacht. Auf der Weiterfahrt hält unsere Urlaubsstimmung an, bis zur Rast an der Mosel, dort erfahren wir von Günters Krankenhausaufenthalt. Der Kontakt mit ihm reduziert unsere Sorgen wieder etwas. Schon zeitig sind wir in Viersen am Freizeitzentrum Ransberg, unserem zweiten Stellplatz. Wir radeln in den Ort Dülken und über die Felder zurück. Zum Abendessen kocht Rosi den letzten Spargel der Saison. Rasch wird es recht kühl, wir verkriechen uns zeitig im Womo.
Die holländische Grenze ist nicht mehr weit, die Autobahnkilometer frisst unser Wohnmobil wie im Gleitflug und fast ohne zu schlucken. Völlig entspannt überrascht uns dann bei Haarlem ein Stau. Die folgenden Schleifen und Autobahnwechsel hätten wir ohne Navi nicht geschafft. Ohne weiteren Stopp erreichen wir das Fähr-Terminal, dort können wir noch essen, Kaffee trinken, den Rucksack packen und die Neuankömmlinge beobachten. Um 17 Uhr legt das Schiff ab. Bei Erreichen der offenen See wird es kalt und schwankend. Rosi hat Schlimmeres erwartet und einige Knabbereien eingepackt, letztlich können wir vor dem Schlafen sogar noch eine ausgiebige Runde durch die „Princess Seaways“ machen.
Erste Sicht auf die englische Küste. Aufgeregt suchen wir unser Womo auf dem Autodeck und fahren von Bord. Drive on the left!! Die Fahrspuren sind schmäler, ein Kreisverkehr nach dem anderen, Otto verpasst eine Ausfahrt - oh Gott, wir sind falsch. Der Tynetunnel vor uns ist kostenpflichtig und wir noch ohne englische Währung! Ein sehr freundlicher Mitarbeiter der Mautstelle öffnet uns eine separate Schranke für den Rückweg. Die Straßen sind ziemlich marode. Bald haben wir die Stadt hinter uns gelassen. Otto konzentriert sich mehr als sonst auf‘s Fahren und kriegt deswegen wenig von der grünen Landschaft mit. Überall Schafe! Von Carter‘s Bar, der Grenze zu Schottland, ist Rosi enttäuscht. Ein Felsen mit den Namen der beiden angrenzenden Länder und ein Imbisswagen sind alles. Vermutlich tragen auch der kalte Wind und der einsetzende Regen zur Meinungsbildung bei. Wir essen im Womo und erreichen kurz danach Jedburgh. Der große Parkplatz neben der Abbey ist, wie auch der Zugang, für uns wegen unserer Mitgliedschaft bei „Historic Scotland“ kostenlos. Außer der imposanten Kirchenruine sind nur mehr die Grundfeste der Klosteranlage vorhanden. Die Audio Guides in Deutsch erleichtern die Besichtigung der ehemaligen Augustiner- Chorherren-Abtei. Im Anschluss besorgen wir im Ort endlich britisches Bargeld und besuchen das Mary Queen of Scots (Maria Stuart) Museum. Die ausgestellten Exponate sind überschaubar, das schmucke Haus und der gepflegte Garten jedoch durchaus sehenswert. Wir fahren weiter nach Melrose zur berühmten Zisterzienser-Abtei. Wieder mit Audio Guides bewaffnet, spazieren wir durch die mächtige Ruine. Die Erklärungen liefern tiefe Einblicke in das klösterliche Leben des späten Mittelalters. Es ist kalt und zugig. Der Wind tut sein Übriges. Es wird Zeit, einen Nachtlagerplatz zu suchen. Dazu haben wir den Parkplatz vor der Abbey in Dryburgh erkoren. Otto verpasst die Abfahrt, wir landen in Kelso. Ein großes Areal mit Wohnwagen und -mobilen lässt uns stoppen. Es handelt sich allerdings um die „Border Union Championship“ – eine Hundeshow – nichts für uns. Wir folgen der Empfehlung zur Pferderennbahn. Auf dem riesigen leeren Gelände empfängt uns ein einsamer gesprächiger englischer Camper, der mit seinen elf (!) vierbeinigen Freunden hier Quartier bezogen hat. Wir positionieren uns so weit wie möglich entfernt von ihm - schließlich wollen wir die Nachtruhe der Hunde nicht stören. Für den Platz ohne Serviceeinrichtungen bezahlen wir stolze 10 £. Es ist stürmisch und regnet leicht.
Bei einem sonnigen Morgenspaziergang erkunden wir die Umgebung der Pferderennbahn und ziehen weiter. Die Information von St. Abbs ist bei unserer Ankunft noch geschlossen. Wir stellen das Womo auf dem Parkplatz ab und packen den Rucksack für die Wanderung an den Klippen entlang zu St. Abbs Head. Die phantastischen Motive auf dem Weg lassen uns nur langsam vorwärts kommen. Otto braucht besonders lange, er muss jedes Mal auch noch das Stativ aufbauen und die Videokamera nivellieren. Nach einem Viertel der Strecke, als wir an der Bucht unten am Meer ankommen, beschleunigen wir und fotografieren bzw. filmen von nun an etwas weniger. Unmengen von wilden Kaninchen haben in den grünen Hängen ihr Revier und sind gar nicht scheu. Der Leuchtturm beeindruckt weniger. Hier weht ein kräftiger Wind, wir ziehen die Jacken über. Am Ende der Runde gehen wir noch zum kleinen Fischerhafen von St. Abbs und nehmen in „Ebb Carr’s Cafe“ einen Imbiss. Die Tagessuppe – 1 x Fisch (nicht sehr heiß), 1 x Huhn mit Lauch – und der Tee schmecken prima. Ausgeruht und gestärkt wenden wir uns Richtung Dunbar. Am Ortseingang stoppt uns ein großer Asda Lebensmittelmarkt. Das Angebot ist riesig und fördert die Kauflust. Rosi kommt nicht mehr aus der Obst- und Gemüse-Abteilung weg. Otto kümmert sich derweil um die wirklich wichtigen Dinge: Nüsse, Chips, Kuchen etc. Am Ende ist der Einkaufswagen voll. Wir haben so viel Zeit verbraucht, dass wir auf das Castle und sonstige Sehenswürdigkeiten von Dunbar verzichten und gleich das Tantallon Castle ins Visier nehmen. Es liegt wunderschön grün gebettet direkt an der Südküste des Firth of Forth. Lange stromern wir zwischen den zerstörten Mauern umher und genießen den Blick vom mächtigen Turm. Am Ende entscheiden wir uns gegen die Kaffeepause hier und fahren weiter Richtung Edinburgh zum Drummohr Campingplatz. Die zugewiesenen Parzellen sind großzügig bemessen, wir haben WLAN und damit wieder Zugriff auf die weite Welt und die Heimat. Mit 20 £ ist der Hauptstadtnahe Platz zudem recht günstig.
Edinburgh! Bereits um 8 Uhr marschieren wir zur nahe gelegenen Bushaltestelle. Die Linie 26 ins Zentrum kostet nur 1,50 £. Erstes Ziel ist die offizielle Residenz der britischen Königin in Schottland, Hollyroodhouse Palace. In ein paar Tagen wir sie persönlich hier sein, ab übermorgen ist das Gebäude deshalb für die Öffentlichkeit gesperrt. Also sehen wir schnell noch nach dem Rechten. Innen herrscht striktes Fotografie-Verbot. Audio Guides informieren und lenken uns durch die prunkvollen Räumlichkeiten, die mitunter aber auch bedrückend wirken. Die dunklen Wände und Decken strahlen Unnahbarkeit aus – sehr britisch reserviert. Der Weg führt uns im Anschluss noch durch die Klosterruine der gleichnamigen Abtei und durch den Park, wo große Zelte für die Bewirtung der 8.000 geladenen Ehrengäste der Queen aufgebaut werden. Wir wollen zusätzlichen Überblick gewinnen, indem wir die 250 Höhenmeter hinauf zu Arthur’s Seat in Angriff nehmen. Der Pfad ist stark erodiert, steil und schweißtreibend. Und oben pfeift ein eisiger Wind. Aber der Blick über die Stadt ist grandios. Wieder unten angekommen passieren wir das moderne schottische Parlament und nehmen etwas stadteinwärts in der Royal Mile in einer bezaubernden kleinen Teestube unseren Lunch. Frisch gestärkt gehen wir weiter ins belebte Zentrum und suchen den „Tattoo-Shop“ um dort Tickets für unseren morgigen Besuch auf der „Britannia“ zu kaufen. Leider ist er geschlossen. Im „Edinburgh Information Centre“ erhalten wir diese von einer freundlichen jungen Dame und zugleich noch die erforderlichen Auskünfte über die Busverbindungen und Umsteige-Stationen. Zufrieden und geschafft fahren wir mit dem Bus zurück zum Campingplatz. Die Haltestellenschilder sind recht klein und erst spät zu lesen. Wir bitten den Fahrer, uns einen Hinweis zu geben, sobald Drummohr erreicht ist. Der erste Edinburgh- Tag war schön!
Auch heute sind wir wieder früh auf den Beinen und fahren zum Ocean Terminal. Da wir mehrfach öffentliche Verkehrsmittel benutzen werden, nehmen wir das günstigere Tagesticket. Lästig ist nur, dass man die 4 £ dafür grundsätzlich passend in Münzen bereit halten muss. Die „Britannia“, das Luxusschiff der Royals wurde 1953 in Dienst gestellt und 1999 ausgemustert. Jetzt ist sie schwimmendes Museum. Die Audio Guides erklären sehr ausführlich die exquisiten Pracht und Privaträume, wie auch die überdurchschnittlich gut ausgestatteten Bereiche der Besatzung. Etwa 2 Stunden dauert unser Rundgang, wobei wir Teile der detaillierten Erklärungen auslassen. Lunch gibt’s im Zentrum vor dem Scott Monument. Im Park unterhalb liegen Menschen im grünen Rasen und freuen sich wie wir über die Sonne. Wir gehen weiter zum Castle, wo uns die Tickets dank Historic Scotland wieder nichts kosten. Wir werden im Verlauf unserer Reise Besichtigungen zu einem Gesamtwert von etwa 160 £ (ca. 230 €) machen und haben für die Jahresmitgliedschaft nur 110 € bezahlt – sie lohnt sich finanziell auf jeden Fall. Das Schloss, seine Gebäude und die Exponate sind gut erhalten und die akustischen Erläuterungen durch die Audio Guides wieder sehr umfangreich. Nach weiteren 2 Stunden werden wir des Schauens und Hörens müde. Unser Interesse erlahmt zusehends. Wir gehen an den Tribünen für das große „Tattoo“ vorbei, die gerade aufgebaut werden und besuchen noch schnell die beeindruckende St. Giles Cathedral. Obwohl Sonntag ist, haben viele Geschäfte geöffnet. Auf dem Weg zur Bushaltestelle besorgen wir Obst und Brot. Die Heimfahrt nach Drummohr erledigen wir schon routiniert wie alte „Edinburgher“. Vor dem Womo trinken wir späten Kaffee in der warmen Sonne. Am Abend ist es draußen leider bereits wieder recht kühl. Die Pläne für die nächsten Tage werden folglich drinnen geschmiedet.
Im Linlithgow Castle wurde Maria Stuart 1542 geboren. Bereits kurz danach war es nur noch sporadisch genutzt worden. Dennoch ist es heute zur Gänze erhalten, wenn gleich man sich die zugige Ruine kaum mit verglasten Fenstern und verputzten, aufwändig bemalten Wänden vorstellen kann. Die Erläuterungen auf den Schautafeln sind auch in Deutsch, was das Lesen und Verstehen enorm erleichtert. Die oberste Treppe auf den Nordwest-Turm führt sehr frei in schwindelerregende Höhe. Tapfer klammern wir uns an das Geländer und wagen kurze Blicke in die Tiefe. Über schön angelegte Wege durch akkurat geschnittenen Rasen gehen wir zurück zum Womo. Vor dem örtlichen Supermarkt spricht Rosi ein älterer Schotte an, fragt sie nach dem Woher und Wohin und überreicht ihr abschließend ein Blümchen. Das Navi führt uns in großem Bogen zielsicher zum „Falkirk Wheel“. Das ist kein historisches Folterinstrument, sondern ein modernes, futuristisch wirkendes, Schiffshebewerk zwischen den Flüssen Clyde und Forth, von der Queen persönlich 2002 eingeweiht. Es wird hier ziemlich viel Aufwand getrieben, um kleine Schiffe 40 m Höhenunterschied bewältigen zu lassen. Otto sieht den wirtschaftlich Sinn höchstens in den Einnahmen aus dem Ticketverkauf für Bootsfahrten: 1 x rauf und wieder runter 9 £. Er verweigert dem Projekt seine finanzielle Unterstützung. Nach Stirling ist es nicht mehr weit und das gleichnamige Castle ein Highlight unserer Reisevorbereitung. Die Audio Guides lassen uns anhand der umfangreichen Informationen wieder nur langsam voran kommen. In einigen Räumen beantworten Mitarbeiter in historischen Gewändern hilfsbereit die Fragen von Besuchern. Nach etwa 2 Stunden – das scheint unsere persönliche „Sehenswürdigkeiten-Besichtigungs- Dauer-Akzeptanz“ zu sein, verpufft unsere Energie. Wir gehen zwar noch zum 5 Minuten entfernten „Argyll’s Lodging“, einem Stadthaus aus dem 17. Jahrhundert, stromern aber nur noch mit geringem Interesse durch die Räume des herrschaftlichen Renaissance-Gebäudes. Für heute ist Schluss. Auf einer holländischen Website hatten wir den Hinweis auf einen Stellplatz beim Wallace Monument gefunden. Er gefällt uns jedoch nicht. Deshalb beziehen wir Quartier im gepflegten „Witches Craig Caravan Park“ 3 km weiter. In der Abendsonne grillen wir Hähnchen-Steaks und Gemüse und lassen den Tag gemütlich ausklingen.
Ein „Sonn“-Tag! Wir gehen ihn gemütlich an und fahren erst um 10 Uhr los zum Lake of Menteith. Mit einem kleinen Boot werden wir auf die Insel übergesetzt, wo sich die Überreste der „Inchmahome Priory“ befinden. Wir werden Mary Queen of Scots nicht los: die Priorei diente Maria Stuart 1547 als Zufluchtsort. Die Königin war zu dieser Zeit erst vier Jahre alt und blieb nach der für die Schotten mit einer schweren Niederlage endenden Schlacht von Pinkie Cleugh für drei Wochen dort. Wir umrunden das kleine Eiland zwischen knorrigen Bäumen und allerlei Blumen und spazieren ohne Audio Guides (auch mal schön!) durch die Klosterruine. Auf einer sonnigen Parkbank lassen wir Beine und Seele baumeln. Anschließend fahren wir auf schmalen Straßen zum Loch Katrine. Dort kommen unsere Tretesel zum ersten Einsatz. Gemütlich radeln wir eineinhalb Stunden den geteerten Weg am Wasser entlang. Schilder weisen darauf hin, dass auch hier das britische Links-Fahr-Gebot gilt. Eigentlich wollten wir hier übernachten. Es gefällt uns jedoch ebenso wenig, wie ein versteckter Wanderer-Parkplatz am Loch Achray. Otto erinnert sich an eine Campingplatz-Empfehlung am Loch Lomond in Cashel. Die Uferstraße ist extrem eng, der Weg zieht sich, wir stoppen an der „Caravaning and Camping Club Site“ in Milarochy kurz vor dem eigentlichen Ziel. Sie ist mit 27 £ nicht wirklich günstig, die Sanitäreinrichtung so lala und am Abend piesacken uns Schwärme von Mücken, bevor zu guter Letzt der Regen einsetzt. In Summe ist der Platz ein kompletter Reinfall.
Ein Regen-Tag! Der nächtliche Niederschlag lässt vormittags nach, während wir ziellos durch den kleinen Ort Luss laufen. Bei Tarbet wechseln wir vom Loch Lomond zum Loch Long, einem Meeresfjord. Von hier geht’s hoch hinauf Richtung Beinn Ìme, mit über 1.000 m höchster Berg der Arrochar Alps. Keine Ahnung, wie man seinen gälischen Namen richtig ausspricht! Am Pass-Sattel ziehen feuchte Nebelschwaden über uns hinweg. An der einsamen Imbiss-Bude herrscht Hochbetrieb, die „Hot-Rolls“ sind ein Gedicht. Die Bergwelt um uns herum ist wunderschön! Wir umrunden das Nordende des Loch Fyne, ebenfalls ein Fjord und erreichen Inveraray. Der kleine Ort gibt sich charmant morbid, sein Castle herrschaftlich. Das Kilchurn Castle liegt fotogen am Nordende des Loch Awe. Die St. Conan‘s Kirk beim Ort Lochawe ist einen ausgiebigen Besuch allemal wert. Und der dazu gehörige Tea Room überrascht mit freundlichem Service, selbst gebackenem Kuchen und günstigen Preisen. Wir unterhalten uns ausgiebig mit einem Ehepaar aus London, die ebenfalls hier Urlaub machen. In Taynuilt erwartet uns die „Bonawe Iron Furnace“, eine Eisenhütte aus dem 18. Jh. Ohne große Erwartung gehen wir bei leichtem Regen über das Gelände und in die Gebäude des Industrie-Museums und sind positiv überrascht. Es ist schön angelegt und informativ gestaltet. Auf dem Parkplatz davor dürfen wir leider nicht übernachten. Er wird abends abgeschlossen. Aber nur 1 km weiter am Anleger der stillgelegten Fähre ist ein geschotterter Platz mit Blick aufs Wasser. Hier bleiben wir – 2 weitere rollende Heime tun es uns gleich. Schwere Regenwolken entladen sich über uns und nehmen uns die Aussicht.
In Ledaig müssen wir zum ersten Mal auf britischem Boden tanken. Der Liter Diesel kostet stolze 1,229 £ (ca. 1,75 €) – Auto fahren ist (bei) den Briten teuer! Zum Glück verbraucht unser braves Fahrzeug bei der gemütlichen Fahrerei hier nur etwa 8,5 Liter/100 km. Im Lebensmittelgeschäft nebenan ist die Gemüseauswahl mager und an Brot gibt’s nur dauerelastische Weißbrotscheiben. Wir brauchen nichts. In Portnacroish – Namen gibt’s – halten wir am View Point zum Castle Stalker, das idyllisch auf einer kleinen Insel im Loch Linnhe liegt. Das Glencoe Tal (Tal der Tränen) erlangte 1692 schauerliche Berühmtheit durch das Massaker gegen den Clan der MacDonalds von Glencoe. Entlang der Strecke reihen sich kleine und größere Parkplätze, die die Möglichkeit bieten, die grüne Berglandschaft zu bewundern. In der Gipfelregion liegt noch Schnee. An der Abzweigung zum Loch Etive lassen wir das Womo stehen und wandern etwa 1 Stunde entlang der Single Track Road Richtung Süden und wieder zurück. In der Haltebucht treffen wir zufällig den alleine reisenden Jürgen mit seinem VW-Bus, der mit uns vor der Fähre in Amsterdam gewartet hat. Seine bisherigen Erfahrungen klingen eher enttäuscht. Uns zieht es weiter zum Tulla View Point, wo wir Mittags- und Kaffeepause verbinden. Wir essen zum ersten Mal Blackpudding - er schmeckt! Leider beginnt es zu regnen. Auf dem Rückweg machen wir gemeinsam mit einer großen asiatischen Reisegruppe noch Halt unterhalb der „Three Sisters“, bevor wir in Glencoe den Umweg um das Loch Leven wählen. Die „landschaftlich reizvolle“ Strecke ist kein Highlight, 2 Stellplatz- Optionen sagen uns nicht zu. Am Ende finden wir einen attraktiven privaten Platz in Onich direkt am Loch Linhe. Es gibt zwar keine Sanitäreinrichtungen, aber wunderschöne Natur. Das ist uns 8 £ für die Übernachtung wert.
Beim Aufwachen lacht die Sonne. Weil wir aber nicht gleich aufstehen, weint der Himmel kurz danach. In Fort William finden wir gleich neben dem Bahnhof Supermärkte, die wir heute mit einem Großeinkauf beglücken. Kurz nach dem Ortsende ist das Hinweisschild zum Inverlochy Castle. Eigentlich sind nur die 4 Ecktürme mit den Mauern dazwischen einigermaßen erhalten. Die Besichtigung ist schnell erledigt. Für ein Foto aus der Distanz gehen wir über die Fußgängerbrücke über den River Nevis. Da dampft mit lautem Schnauben „The Jacobite“, der berühmte Harry Potter Zug an uns vorbei. Auch wir ziehen weiter. Den Ben Nevis, Englands höchsten Berg, lassen wir wolkenverhangen rechts liegen. Am Loch Lochy entlang geht’s nach Norden bis Invergarry. Hier biegen wir westlich zum Loch Garry, Loch Loyne und Loch Cluanie ab. Die Bergwelt um uns ist trotz des starken Regens bezaubernd. Wie schön mag es hier erst bei Sonnenschein sein? Vorbei an „The Five Sisters“ im Glen Shiel erreichen wir Loch Duich und in Dornie das berühmte Eilean Donan Castle aus dem 13 Jh. Es diente in diversen Filmen als Kulisse: Highlander, Braveheart usw. Im Inneren ist leider striktes Fotografie- Verbot. Das Schloss ist mit antiken Möbeln der heutigen Besitzer ausgestattet und mit lebensgroßen Figuren (Herrschaft und Personal - manchmal recht kitschig) dekoriert. Die Senioren-Tickets kosten 6 £ pro Person und uns 1 Stunde. Von hier sind nur noch wenige Kilometer bis Balmacara, wo wir auf der „Reraig Caravan Site“ Halt machen. Die Ausstattung ist einfach aber sauber und mit 15,40 £ durchaus preiswert. Beim abendlichen Grillen gesellt sich sogar noch die Sonne zu uns und beim Abendspaziergang am Loch Aish findet Rosi große schöne Jakobsmuscheln.
Skye wir kommen! Und zwar über die Brücke – ohne Fähr-Romantik, aber auch ohne Fähr-Gebühren. Es regnet heftig – oje. Unser erstes Ziel, die Whisky Destillerie „Talisker“, wird von den himmlischen Mächten schwer begossen. In einer Meeresbucht entdeckt Rosi 3 Pilot Wale. Leider zeigen sie uns nur ihre kalte Schulter (Rückenflossen). Nach gefühlt 100 Fotos zeigen wir ihnen unsere Rücklichter. Die letzten 5 km sind Single Track und praktisch ohne gerade Strecken. Als wir endlich im Ort Talisker – 1 Gehöft – ankommen, heißen uns 2 Pfauen und die obligatorischen Schafe willkommen. Hier sind wir ganz sicher falsch! Wir fahren die abenteuerliche Strecke zurück bis zur Abzweigung zur Destillerie Talisker. Dort herrscht reger Betrieb. Die Führung dauert etwa 1 Stunde, es darf nicht gefilmt werden. Rosi hatte vorher schon kein Interesse, Otto jetzt auch nicht mehr. Wir machen Lunch Pause. Statt Whisky gibt’s Weißkäse mit Weißbrot – auch sehr lecker. Beim Broch „Dun Beag“ halten wir wieder. Jetzt zeigt sich endlich die Sonne und sieht uns zu, wie wir durch die satt grüne und feuchte Schafweide den Hügel hoch zu dem unscheinbaren Steinhaufen gehen. Dun Beag ist das (oder der?) einzige erhaltene Broch auf Skye. Es handelt sich um einen Wehrturm der keltischen Urbevölkerung. In der Mitte war der große Gemeinschaftsraum. Die Schlafplätze und Treppen befanden sich im schmalen Zwischenraum der doppelwandigen kreisrunden Außenmauer. Wir verabschieden uns von den Schafen und bewegen uns weiter nach Nordwesten. Bei Dunvegan verlassen wir die schöne Straße und quälen von hier unser armes Womo und uns auf unglaublich langen 18 km Single Track nach Neist Point. Auf der Strecke sehen wir eine Weile einem Landwirt bei der Schafschur zu. Die Wolle wirft er achtlos weg. Sie sei heutzutage nichts mehr wert. Rosi dürfte es auch mal probieren, lehnt aber dankend ab. Als wir endlich am Dead End des Tracks ankommen, herrscht dort Hochbetrieb. Parkplätze gibt’s keine mehr. Einige Wohnmobilisten scheinen hier - in der ersten Reihe - einen ganzen Tag oder länger die Aussicht zu genießen. Wir wenden und quetschen uns wie viele Andere in eine freie Passing Lane. Der Wind bläst oben auf der Felskuppe heftig. Wir gehen zum Lighthouse, das auch mal als Guest House genutzt worden war. Schilder zeugen noch davon, während der Putz von den maroden Gebäuden bröckelt. Etwas müde und erschöpft, aber auch zufrieden machen wir uns auf den Rückweg auf den 18 km Single Track bis zur Kinloch Campsite. Hier treffen wir zufällig Mindelheimer Mitreisende von der Amsterdam-Fähre. Wir beziehen einen schönen Stellplatz mit Blick über Loch Dunvegan.
In der Nacht hat es zur Abwechslung schwer geregnet. Am Morgen ist Schmuddelwetter. Wir diskutieren über die weitere Tour. Ja, wir wollen auf die Äußeren Hebriden übersetzen, uns aber auf 1 Insel beschränken. Die mit den 2 Namen: im Süden Harris und im Norden Lewis. Wir ent- und versorgen das Womo und fahren zum Fährhafen Uig. Im Büro von Caledonean Mac Brayne buchen wir die Tickets. Hinfahrt heute eventuell 14:15 Uhr (Warteliste) oder sicher morgen 5:30 (!) Uhr. Die Rückfahrt legen wir auf Donnerstag 11 Uhr. Das bedeutet, dass wir jetzt die nächsten 3 Stunden tatenlos auf unser Glück warten und im tristen Hafengelände festsitzen. Wir lesen Reiseführer, kaufen im Tankstellenshop Gummibrot, spazieren über den kurzen Pier und machen Lunch im Tea Shop. Endlich wird es spannend. Die gebuchten Vehicles und Motorhomes rollen auf die Fähre. Unsere Wartelisten-Reihe steht. Nach bangen Minuten dürfen wir auch noch an Bord. Damit hat sich das Warten gelohnt. Kaum haben wir den Motor abgestellt, werden wir aufgefordert, das Womo zu verlassen. Das Schiff legt ab Richtung Tarbert auf Nord-Harris. Auf dem Oberdeck weht uns frischer Wind um die Nasen. Die meiste Zeit der knapp zweistündigen Überfahrt verbringen wir in der warmen „Stube“ unter Deck. Um 16 Uhr rollen wir bereits auf der Straße nach Stornoway. Sie ist in überdurchschnittlich gutem Zustand. Am nördlichen Stadtrand fahren wir der Beschilderung zu einer Campsite nach, um vor dem Tor gleich wieder zu wenden. Es zieht uns in die Freiheit der weiten Sandstrände. Bei Aird Tunga finden wir nach einigen Metern Feldweg unseren ganz privaten einsamen Stelllatz direkt am Meer. Spät abends nach 22 Uhr unternehmen wir noch einen Strandspaziergang – es ist immer noch hell. Die Welt ist schön!
Der neue Tag beginnt wieder mal feucht. Wir flüchten in den gut sortierten „cooperative“ Supermarkt in Stornoway. Aber so vielfältig das Angebot auch sein mag – Schottland erleben wir hier nicht. Wir durchqueren Nordlewis, eine Moorebene, wo auch heute noch Torf gestochen wird. Die Beschilderung auf Lewis ist übrigens zweisprachig: oben groß in Gälisch – unten klein in Englisch. „Steòrnabhagh“ heißt Stornoway. Der Straßenbelag ist in Top-Zustand, aber die knapp einstündige Fahrt durch die Moorwiesen irgendwann recht eintönig. Wir erreichen Butt of Lewis mit seinem 52 m hohen und ca. 150 Jahre alten Leuchtturm. Vor uns die schwarzen Klippen der Steilküste, die Landschaft hügelig und grün. Ein Ort zum Träumen! Auf dem Rückweg halten wir an einem Steinkreis-Hinweisschild. Wir stapfen durch sumpfiges Gras, Regen setzt ein. Diese „Standing Stones“ würden wir ohne Hinweis niemals als solche erkennen. Sie sind maximal 1 m hoch, nur 2 stehen aufrecht, eine Kreisform ist nicht zu entdecken. Mit nassen Klamotten, nassen Füßen und nasser Kamera ziehen wir enttäuscht von dannen. In Arnol besichtigen wir ein Blackhouse. Massive Steinwände kennzeichnen die ärmliche Behausung, in der Mensch und Tier gemeinsam Schutz und Zuflucht unter einem Strohdach gefunden haben und das erst 1966 von seinen letzten Bewohnern verlassen worden war. Die Zugangsöffnung ist so niedrig, dass man fast kriechen muss. Im kaminlosen Hauptraum qualmt ein feuchtes Torffeuer und seine Rauschwaden durchziehen das ganze Gebäude. Durch winzige Fensteröffnungen fällt kaum Licht ins Innere. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht ein „modernes“ gemauertes Whitehouse mit seiner Einrichtung aus den 1920er Jahren. Was geht es uns heute gut! In Garenin besichtigen wir ein weiteres Blackhouse Village, das aber recht kommerzialisiert wirkt. 1 Gebäude dient als Museum, die Wände innen sind holzverkleidet, der Boden belegt, die gesamte Einrichtung stammt aus der Nachkriegszeit. Auch hier knistert ein Torffeuer, sein Rauch wird durch einen Kamin abgeführt. Nebenan steht ein Webstuhl. Die Insel hat dem berühmten Harris-Tweed seinen Namen gegeben. Die meisten anderen Gebäude werden als Hostel genutzt und sind nicht zu besichtigen. Wir wenden uns dem nächsten Ziel zu: dem Dun Carloway Broch. Im Gegensatz zu Dun Beag auf Skye ist dieser keltische Wehrturm besser erhalten. Wir bekommen einen Eindruck vom großen zentralen Innenraum und den Treppen und Schlafstätten zwischen den doppelten Natursteinwänden, die ohne Mörtel trocken gemauert sind. Im WC des kleinen Besucherzentrums dürfen wir unsere Campingtoilette leeren, weil wir keine Chemie benutzen. Damit benötigen wir auch heute keinen Campingplatz und finden am kleinen Loch an Duin unterhalb des Ortes einen einsamen idyllischen Stellplatz direkt am Wasser. Wir grillen schottische „Schweinesteaks chinesische Art“ (na ja) mit Gemüse (lecker) und essen dazu nordafrikanischen Couscous (super) – voll international!
Wie viel Regen verträgt ein Land, bzw. seine Besucher? Während der Nacht hatten wir heftige Niederschläge, die erst aufhören, als wir die Standing Stones bei Callanish erreichen. Der Himmel ist dunkelgrau, was die große keltische Kultstätte passend in mystisches Licht taucht. 47 bis zu knapp 5 m hohe Monolithe aus Gneis von Butt Lewis sind kreis- und strahlenförmig in der Form eines keltischen Kreuzes angeordnet. Wir sind die einzigen Besucher und bleiben lange. Am Ende zeigt sich am Horizont sogar ein heller Lichtstreifen der Sonne. Auf dem weiteren Weg nach Süden durchqueren wir eintönige moorige Heidelandschaft, von zahllosen überquellenden Wasserläufen durchzogen, bevor wir satte grüne Weiden erreichen und schließlich beim Übergang nach Nord-Harris steiles schroffes Bergland durchmessen. Hier nehmen wir uns Zeit für Lunch. Die Straßen auf Harris und Lewis – auf unserer Karte ausnahmslos gelb (=Nebenstrecken) - sind weit besser als erwartet, so dass wir deutlich schneller vorwärts kommen. Deshalb buchen wir im Office von Caledonean Mac Brayne in Tarbert unsere Fähr-Rückfahrt von Donnerstag- Morgen auf Mittwoch-Nachmittag um. In Südharris erreichen wir bei Seilebost den ersten langen und breiten Sandstrand – die Südsee lässt grüßen! Wir fahren auf die Horgabost Campsite mit ihren gepflegten Rasenflächen direkt am feinsandigen Strand und erwägen, zu bleiben. Ja es ist wunderschön hier, aber es gibt keinen einzigen freien einigermaßen ebenen Stellplatz mehr. Der Wind pfeift stürmisch. Wir versuchen unser Glück an der nächsten Bucht und werden auf dem Parkplatz eines Golfplatzes fündig. Während der obligatorischen Kaffeepause setzt zur Abwechslung mal wieder der Regen ein. Am späten Abend nach dem Abendessen gehen wir noch am langen und breiten Sandstrand zwischen der hohen Düne und dem türkisfarbenen Meer spazieren. Auf dem Heimweg durchweicht uns ein erneut einsetzender Schauer.
Heute morgens kein Regengeprassel – dafür lauter Motorenlärm! Rosi wird um 5 Uhr vom Krach des Rasenmähers auf dem Golfplatz direkt neben uns geweckt. Der fleißige Greenkeeper kennt keine Gnade mit den nicht arbeitenden Mitmenschen. Wir brechen ohne Frühstück auf und holen es im nahe gelegenen Leverburgh in der Nähe des Hafens nach. Wir wollen auf der Ostseite über die kurvenreiche Küstenstraße, eine Single Track Road, nach Tarbert fahren, wo unsere Fähre heute um 16:20 ablegen wird. In Rodel halten wir an der St. Clement‘s Church. Die Grabkirche des mächtigen Mac Leod Clans stammt aus dem 13. Jh. Das Womo stellen wir oberhalb des Hotels in einer abschüssigen Zufahrt zu einem Wiesengrundstück ab, da direkt neben der Straße keine Parkmöglichkeit besteht. In der Kirche befinden sich alte Grabplatten der ersten Clan Chefs, draußen auf dem Friedhof die Gräber jüngerer Mitglieder bis hin zum Jahr 2000. Über eine enge Wendeltreppe besteigen wir den Turm ohne Aussichtsplattform. Wir landen lediglich in einer Kammer mit 2 winzigen Gucklöchern. Das kreuzförmige Kirchenschiff wird durch wenige kleine Fenster spärlich beleuchtet, was dem Ganzen eine Krypta-ähnliche Beschaulichkeit verleiht. Draußen ist es warm geworden. Die Sonne existiert also noch. Wir wollen weiter fahren – doch wir stecken fest. Der viele Regen der vergangenen Tage hat die Erde durchweicht. Die saftige Grasnarbe hat die Feuchtigkeit wie ein Schwamm aufgesogen. Wir rollen die Schräge ganz nach unten, wenden und versuchen mit Schwung zurück auf die feste Straße zu kommen. Keine Chance! Die Räder versinken im nassen Boden. Otto geht zum Hotel, um dort Hilfe zu finden. Der unfreundliche Rezeptionist stattet ihn lediglich mit 2 Telefonnummern aus, mehr kann oder will er nicht leisten. Einer der beiden Anschlüsse ist ständig belegt, auf dem anderen wird lapidar mitgeteilt, man könne nicht helfen. Was nun? Wir heben einzeln die versunkenen Räder mit dem Wagenheber hoch und unterlegen sie mit großen Steinen. Dabei versinkt auch der Wagenheber immer wieder und wir müssen ihn ebenfalls mehrfach untermauern. Nach 3 Stunden schmutziger Arbeit haben wir das Wohnmobil bis zur Steigung bewegt. Hier geht nichts mehr. Otto findet im verwaisten Hafengelände ein altes Seil. Und kurz darauf kommt ein Van des Weges, der sogar eine Anhängerkupplung besitzt. Die hilfsbereiten jungen Insassen stehen uns sofort tatkräftig bei. Wir verknoten das Seil zwischen den beiden Fahrzeugen und kommen nach mehreren Versuchen endlich zurück auf festen Untergrund. Das Seil packt Rosi als Souvenir ein. Die Helfer lehnen das angebotene Geld ab und empfehlen uns, es heute Abend in Bier zu investieren. Völlig verdreckt machen wir uns auf den Weg zur Fähre nach Tarbert. Auf Anraten unserer „Retter“ wählen wir nun die etwas längere, aber besser ausgebaute Route auf der wir gekommen sind. Auf der Horgabost Campsite waschen wir uns notdürftig und ziehen uns um. Unsere Ankunft am Fährterminal lässt uns sogar noch Zeit für einen Kaffee. Die knapp 2-stündige Überfahrt verschafft uns die dringend benötigte Ruhe. Nach Verlassen des Schiffes in Uig um 18 Uhr nehmen wir noch die Hochlandpassage nach Staffin in Angriff. Bei den berühmten Basaltklippen am Quiraing Viewpoint filmen und fotografieren wir, was die Speicherkarten fassen. Es ist unbeschreiblich schön hier. Kurz danach erreichen wir Staffin Campsite, zahlen 14 £, beziehen den Stellplatz und gehen endlich duschen. Leider können wir den schönen Abend nicht draußen genießen – die lästigen Mücken vertreiben uns.
Nach Ent- und Versorgen verlassen wir die „Midges-Site“ und halten kurz darauf zusammen mit einer japanischen Reisegruppe am Kilt Rock Viewpoint, der seinen Namen der Ähnlichkeit der Klippen mit dem faltigen schottischen männlichen Kleidungsstück verdankt. Die Küste fällt hier spektakulär ins Meer ab. Weiter geht’s zum völlig überfüllten Parkplatz unterhalb des Old Man of Storr. Das ist der Ausgangspunkt einer knapp zweistündigen Wanderung zur imposanten Felsnadel und zurück. Die Berge sind in dichten Nebel gehüllt. Otto glaubt an das Gute im Wettergott. Wir gehen den steilen geschotterten Weg nach oben. Und tatsächlich lichtet sich das Weißgrau und kurz vor dem Ziel haben wir blauen Himmel. Während des Rückmarsches ziehen wieder Wolken auf, es beginnt sogar leicht zu regnen. Wir sind Glückspilze! Nach Portree sind es etwas mehr als 10 km. Die Stadt ist voller Menschen. Wir finden trotzdem einen Parkplatz und gehen zunächst zum Hafen mit den bunten Häusern. Draußen ankert ein großes Kreuzfahrtschiff. Jetzt um die Mittagszeit hat der Fish & Chips Laden Hochkonjunktur. Sie schmecken, aber 1 Portion reicht uns. Lautstark streiten die Möwen um Essensreste. Auf dem Marktplatz bessern 2 junge Bagpiper ihr Taschengeld auf, traditionell in Kilt gekleidet. Nebenan erstehen wir an einem Bäckerstand ein kleines Brot plus 2 Stück Kuchen für stolze 8 £. In Broadford beim Supermarkt reinigt Otto an der Tankstelle das Womo von den Schlammkrusten des gestrigen Feuchtbiotops. Dann verlassen wir die Insel (Skye) und kehren auf die Insel (Schottland) zurück. In Duirnish erwartet uns idyllisches Dorfleben: Hühner stolzieren über die Straße, Rinder queren sie gemütlich und grasen unbeirrt am Dorfanger, Kinder spielen am Bach. Plockton, bekannt wegen seines milden Klimas, wo sogar palmenähnliche Cabbage Trees wachsen, ist unser Etappenziel. Wir beziehen am Ende des hübschen Hafengeländes unseren Stellplatz und bummeln durch den Ort. Die Häuser sind hier in gemäßigten Farben getüncht. In einem winzigen Laden erstehen wir ein Mückenspray und hoffen auf seine Wirksamkeit. Vor allem Rosi ist von den Bissen der lästigen Insekten schwer geplagt. Heute Abend findet sich endlich Gelegenheit, im Pub das abgelehnte „Helfer- Geld“ in Bier zu investieren.. Das Black Dragon schmeckt Rosi leider nicht.
Rosi hat heute Nacht wegen der vielen Mückenbisse schlecht geschlafen. Morgens um 5:45 Uhr bläst sie zum Wecken – sie ist der Meinung es sei bereits 8:30! Wir brechen ohne Frühstück auf, um es an einem lauschigen Platz am Loch Carron nachzuholen. Tatsächlich finden wir einen geeigneten gemütlichen Rastplatz mit Tischen und Bänken. Wir bereiten alles vor und setzen uns in die Sonne. Und schon sind die lästigen Midges wieder da und wollen auch was haben. Fluchtartig ziehen wir uns ins Womo zurück. Etwas frustriert umrunden wir anschließend Loch Carron und Loch Kishorn bei herrlichem Sommerwetter. Die Umgebung ist traumhaft. Bei Russel beginnt der erst 1976 für Fahrzeuge ausgebaute Bealach na Bà Pass (Gälisch „Vieh-Pass“). Die einspurige Straße steigt bis auf 626 Meter, hat enge Haarnadelkurven und Steigungen von bis zu 20 % und ist für LKW und Gespanne gesperrt. Zum Glück sind wir so früh unterwegs und es ist kaum Verkehr. Trotzdem halten wir aufwärts nur selten zum Fotografieren an. Die Passing Places wollen wir unbedingt frei halten und Alternativen gibt es keine. Oben auf der Passhöhe erleben wir ein unbeschreibliches Panorama. Und dann führt die „Schmalspurbahn“ Kurve für Kurve wieder nach unten bis wir im Ort Applecross zurück auf Meeresniveau sind. Wir schlendern durch den verschlafenen kleinen Flecken. Anschließend umrunden wir die Applecross Halbinsel nach Norden, weiterhin einspurig, kurvig, dennoch schöööön. Auf einem großen Parkplatz direkt am Meer mit Blick auf die Inneren Hebriden Inseln Raasay und dahinter Skye ist eine lange Mittagspause. Hier treffen wir wieder auf den einheimischen Camper, den wir am heutigen Frühstücksplatz vermutlich geweckt haben. In Kinlochewe rollen wir auf den Campingplatz, um die heutige Etappe zu beenden. Es ist erst 15 Uhr und wir sind durchaus in der Lage, noch ein wenig Strecke zu machen. So gibt es zwar auf einem schönen Rastplatz am Ortsende noch die obligatorische Kaffeepause und dabei einen Erfahrungsaustausch mit zwei britischen Ladies, danach aber setzen wir die Fahrt fort. Die Straße nach Osten bis Garve und von dort nach Norden bis Ullapool ist hervorragend ausgebaut und so erreichen wir kurz nach 17 Uhr unser zweites und wirklich letztes Tagesziel. Die Campsite ist großflächig und großzügig angelegt, direkt am Meer, mit gepflegten und trockenen (!) Rasenflächen für die Camper. Wir bummeln kurz durch den Ort und sitzen am Abend draußen in der Sonne, bis sie direkt vor uns im Meer versinkt.
Das stürmische Regenwetter ist da, genau wie vorhergesagt. Unglaublich, wie schnell sich die Witterung ändert. In der Apotheke besorgen wir Antihistamin- Tabletten und –Salbe. Das Mückenspray alleine genügt nicht. Bei Tesco gibt’s Nachschub für die Vorratskammer. Wir verlassen Ullapool Richtung Norden. Sturmböen treiben Wolken vor sich her, die immer wieder mal „Wasser lassen“ und auch das Wohnmobil manchmal heftig schaukeln. Wir machen einige Fotostopps, einen längeren am Ardvreck Castle. Gleich danach passiert es dann: ein Womo kommt entgegen, der rechte Außenspiegel macht ein hässliches Geräusch und der untere Panoramaspiegel hängt nur noch einem Kabel. Auch das integrierte Blinkerglas ist zersprungen. Wir halten, Otto spricht mit dem anderen Fahrer, einem deutschen Urlauber, dessen Spiegel heil geblieben ist. Die Schuldfrage ist nicht zu klären. Rosi klebt den Schaden notdürftig mit Tesa. Etwas bedeppert setzen wir die Fahrt fort. Unsere Begeisterung für die Landschaft lässt spürbar nach, zum Glück auch der Sturm und nach einer Weile ebenso unsere Anspannung. In Durness besorgen wir Klebeband-Nachschub und spazieren durch das Künstlerdorf Balnakeil. Es ist alternativ, aber nicht romantisch sondern verkommen. Die Kirchenruine und der verwilderte Friedhof unterhalb direkt am Meer sind viel sehenswerter. Der 18-fache Mörder Donald McLeod fand hier 1623 seine letzte Ruhestätte. Auch der lange und breite Sandstrand gefällt uns und lädt zu einem Spaziergang ein. Dabei kommt sogar wieder die Sonne zum Vorschein. Danach beziehen wir auf der Sango Sands Caravan Site einen grünen Wiesenplatz an der Steilküste mit Blick aufs Meer. Direkt unterhalb der Klippen sind 2 schöne sandige Buchten, zu denen wir nach dem Abendessen hinunter klettern. In der Abenddämmerung spielt ein Bagpiper seiner Angebeteten ein romantisches Ständchen mit seinem Dudelsack auf der Aussichtsplattform direkt vor uns.
Gleich neben der Campsite befindet sich Smoo’s Cave. Die große Kalksteinhöhle soll Schmugglern als Versteck gedient haben und der Mörder Donald McLeod soll seine Opfer hier umgebracht bzw. „entsorgt“ haben. Die mitgenommene Taschenlampe kann das Dunkel nicht erhellen. Der Wasserfall im hinteren Teil ist weitere Attraktion, Foto im Kasten, Film gedreht – weiter geht’s zum Viewpoint oberhalb und zurück zum Parkplatz. Dort spricht uns ein junges Paar an – sie kommen aus Dachau. Inzwischen ist auch die Tourist Information geöffnet und wir erkundigen uns, ob die Tagestour auf die Orkney Inseln ab John o’ Groats morgen durchgeführt wird und noch 2 Plätze frei sind. Denn nur dann wollen wir die lange Strecke dorthin auf uns nehmen. Die freundliche Dame reserviert umgehend 2 Tickets für uns. Also machen wir uns auf den weiten Weg die Nordküste entlang. Für die ersten 50 km Single Track benötigen wir fast 2 Stunden. Etwa ab Tongue ist die Strecke überwiegend zweispurig und schneller befahrbar. Wie spricht man Thurso aus? Egal, wir fahren durch und halten erst beim Leuchtturm von Dunnet Head, Britanniens nördlichstem Festlands-Punkt. Wolken ziehen auf und hüllen uns langsam aber unerbittlich in dichten Nebel. Am Castle of Mey, dem langjährigen Wohnsitz von Queen Mum, halten wir kurz an, ohne es zu besichtigen. Gleich danach sind wir in John o´Groats und bezahlen unsere Tickets für morgen (60 £ pro Person). Der Ort ist gar nicht so hässlich, wie in unserem Führer beschrieben, aber fest in Nebel verpackt. Wir übernachten auf dem Parkplatz des Leuchtturms Duncansby Head.
Der Nebel hat sich nicht verzogen. Das Warten auf die Orkney Fähre ist ganz schön frisch. Die 8 Meilen Überfahrt verbringen wir unter Deck. Der Hafen von Burwick ist trostlos. Dafür warten aber 2 moderne große Reisebusse auf ihre heutigen Tagesausflügler. Unser Fahrer ist zugleich Guide und erzählt während der Tour übers Bordmikro. An den Curchill Barriers bei Scapa Flow ist der erste Halt bei den versenkten Schiffswracks aus dem 2. Weltkrieg, in Kirkwall kurze Pause. Wir besorgen uns bei einem Bäcker leckere Plätzchen und verzehren einen Teil umgehend. In Skara Brae haben wir 2 Stunden Zeit für die Ausgrabungen der 5.000 Jahre alten jungsteinzeitlichen Siedlung. Es ist erstaunlich, auf wie kleinem, engem Raum die Menschen damals gelebt hatten. Das Anwesen des Entdeckers nebenan – Skaill House, jetzt Museum – sehen wir auch noch an, da genügend Zeit bis zur Weiterfahrt ist. Mit dem Steinkreis „Ring of Brodgar“ setzen wir unsere frühgeschichtliche Exkursion fort. Wir finden in fast imposanter als Callanish, weil die Monolithen größer sind. Von den ursprünglich etwa 60 Steinen sind noch 27 in dem Kreis mit einem Durchmesser von mehr als 100 m erhalten. Die Grabungen des Ness of Brodgar in der Nähe sind derzeit nicht zu besichtigen. Die Standing Stones of Stennes sind nicht mehr so beeindruckend. Zum einen sind es weniger Steine, vielleicht leiden wir aber auch an Reizüberflutung. Danach haben wir eineinhalb Stunden individuelle Zeit in Kirkwall. Den Löwenanteil widmen wir der bemerkenswerten St. Magnus Cathedral. In den ersten 300 Jahren nach ihrer Errichtung gehörte sie zum Erzbistum Trondheim. Massive Säulen im normannischen Stil prägen das Mittelschiff. Der große alte Friedhof ist eigentlich nur noch eine Steinsammlung ohne Erinnerungswert, da die meisten Inschriften nicht mehr lesbar sind. Die Ruine des Bischofspalasts nebenan betrachten wir nur von außen. Nach der Sorge um’s Seelenheil will Otto sich jetzt aber um sein leibliches Wohl kümmern. Leider ist auf der sonnigen Terrasse des Reed’s kein Platz mehr frei. Vergeblich durchstreifen wir die Umgebung nach einer Alternative und landen schließlich im Innenbereich des Reed’s. Danach beginnt die Rückfahrt. An der Italian Chapel, von italienischen Kriegsgefangenen 1942 bis 1944 mit primitiven Mitteln gebaut und von ihnen 1961 renoviert ist der letzte Stopp, bevor wir im Fährhafen von Burwick ausgesetzt werden und auf die John o´Groats Ferry warten. Um 20 Uhr sind wir am Wohnmobil auf dem Parkplatz zurück, das wieder (oder immer noch?) in dichten Nebel gehüllt ist. Wir übernachten gleich hier.
Die Nacht auf dem Parkplatz war angenehm ruhig. Es regnet. Da auf der Strecke nach Süden die Sehenswürdigkeiten Mangelware sind, macht uns das nichts aus. So spulen wir Kilometer um Kilometer ab – mal mit und mal ohne Nebel. Die Scheibenwischer haben Dauerstress. Einziger Stopp ist das Dunrobin Castle bei Golspie. Dieser Besuch lohnt sich. Der Kern des Gebäudes geht auf einen Wohnturm des 13. Jahrhunderts zurück, im Lauf der Zeit wurde es auf 189 (!) Zimmer erweitert. Im Tea Room haben wir Lunch und anschließend widmen wir uns dem Garten, der den Anlagen in Versailles nachempfunden ist. Von oben ist er attraktiver als aus der Nähe: die Blumenpracht ist mager. Am Stadtrand von Inverness steht vor der Bught Park Caravan and Camping Site ein Hinweisschild, dass sie voll belegt ist. Otto fragt trotzdem – wir bekommen noch einen Stellplatz. Das Problem ist nicht eine Auslastung durch Camper, sondern der starke Regen. Mehrere Parzellen stehen unter Wasser und sind unbenutzbar. Und dann kommt die Sonne raus, unsere Stühle ebenso und wir trinken gemütlich Kaffee. Bis bald darauf der Regen erneut einsetzt – schottisches Camperschicksal! Neben uns baden Enten in der Wiese.
Culloden ist nur etwa 10 km entfernt. Hier fand 1746 die letzte und entscheidende Schlacht zwischen den Engländern und aufständischen Jakobiten – überwiegend schottische Highlander – statt. Sie endete in einer blutigen Niederlage für die Schotten. In der Folgezeit zogen englische Truppen marodierend durch die Highlands. Die Clans wurden entwaffnet, die Burgen gebrandschatzt und das traditionelle Clan-System zerstört. Weite Teile der gälischen Kultur gingen in der Folge unter, da fortan die traditionelle Kleidung (Kilt und Tartan) und sogar die gälische Sprache verboten waren. Das heutige Besucherzentrum ist modern gestaltet. Im Außenbereich ist der Frontverlauf durch rote und blaue Flaggen abgesteckt. Gedenksteine markieren die Gräber der Clans und ihrer Helden. Ein altes Cottage mit Reetdach steht mitten im Feld. Im Anschluss möchten wir ganz in der Nähe Clava Cairns besichtigen. Der Weg zum jungsteinzeitlichen Rundhügel ist an der Hauptstraße beschildert, danach fehlen weitere Hinweise und wir können ihn nicht finden. Unverrichteter Dinge wenden wir uns Fort George zu. Nach der Niederlage von Bonnie Prince Charlie und seinen Aufständischen Truppen in der Schlacht bei Culloden ließ König George II eine riesige Verteidigungsanlage gegen weitere Unruhen durch die Jacobiten errichten. So wurde Fort George die mächtigste Artillerieanlage in Großbritannien. Sie wird auch heute noch als militärisches Ausbildungszentrum genutzt und ist wegen ihrer historischen Bedeutung für Besucher geöffnet. Ohne große Erwartung beginnen wir die Exkursion, sind dann aber sehr angenehm überrascht. Sogar der Cappuccino im Tea Room schmeckt, lediglich die Scones scheinen aus der Zeit der Aufstände zu stammen. Die letzte Tagesetappe führt uns ans Loch Morlich bei Aviemore in den Cairngorm Mountains. Wir beziehen einen idyllischen Parkplatz direkt am Wasser um hier zu übernachten. Wir packen den Grill aus und essen im Womo – auch den Midges gefällt der Ort.
Der Stellplatz war sooo schön – wenn nur die Mücken draußen nicht wären. Alleine beim Verstauen der Unterlegkeile kommen wir wegen ihrer Attacken in Panik und bringen eine ganze Reihe der Plagegeister mit ins Innere. Die nächsten Kilometer sind geprägt von der Jagd nach ihnen, was sich in hektischem Wedeln (Otto hat nur 1 Hand frei), bzw. lautem Klatschen (Rosi hingegen 2) äußert. Die A9 führt uns durch die attraktive Badenoch Region und mündet ins Glen Garry. Mehr aus Verlegenheit verlassen wir bei Calvine die breite aber holprige Straße, um auf einer Nebenstrecke einen Ausgangspunkt für eine Wanderung zu suchen. In Bruar ist ein großes Modezentrum für Landmoden, „The House of Bruar“, auf dessen Parkplatz wir halten. Von hier führt ein gut begehbarer Pfad zu den Falls of the Bruar. 2 alte Steinbrücken queren kühn die tiefe Schlucht und eröffnen einen Rundweg. Das Wetter ist angenehm, wenn auch mit 10° recht frisch. An der oberen Brücke tauschen wir uns mit einem sehr freundlichen älteren englischen Ehepaar aus. Dem Blair Castle in Blair Atholl verweigert sich Otto. Wir spazieren durch den kleinen Ort. In einer noch aktiven Wassermühle – heute wegen Reparaturarbeiten außer Betrieb – trinken wir im Garten Cappuccino und kaufen frisch gebackenes Brot. Die Mühle kann besichtigt werden und interessiert uns auch. Wir fahren weiter und biegen kurz nach Killiecrankie auf eine schmale, in unserer Karte grüne (landschaftlich besonders reizvolle) Single Track Road zum Loch Tummel ab. Am Queens View machen wir Mittagspause. Die Aussicht auf das tiefer gelegene Loch ist sehr schön. Für den Parkplatz müssen 2 £ bezahlt werden, dafür darf man den ganzen Tag bleiben (wer das möchte!). Danach umrunden wir das Loch Tummel auf der grünen Strecke. Auf der Schmalspurpiste herrscht reger Verkehr, was zu häufigen Stopps führt. Der Fahrbahnzustand ist denkbar schlecht. Zu allem Überdruss versperren hohe Hecken oder dichter Wald den Blick aufs Wasser. Die Landschaft mag sehr reizvoll sein – alleine wir können sie nicht sehen! Diese Fahrt hat sich überhaupt nicht gelohnt. In Aberfeldy steuern wir den Campingplatz an. Er ist recht attraktiv angelegt, kostet ohne Strom und WLAN 21 £ und ist mückenfrei! Wir packen die Stühle in die Sonne und freuen uns des Lebens.
Hübsch sind die sorgfältig restaurierten Häuser aus dem 18. Jh. in Dunkeld. Düster die Kathedrale im weitläufigen Park am Ufer des Tay. Im Kirchgarten stehen noch zahlreiche Grabplatten. Die enge Parksituation nötigt uns zur baldigen Weiterfahrt. In Perth nehmen wir zunächst das Huntington Castle in Augenschein. Der Parkplatz ist sehr eng, aber irgendwie (und unter dem Beifall eines britischen Zuschauers) bringen wir unser Motorhome unter. Wir stoßen zum wiederholten Mal auf die Wege Maria Stuarts, bzw. ihres Sohnes. Im Nordosten liegt der Scone Palace. Bereits die lange Zufahrt ist beeindruckend. Pfauen stolzieren durch den Park. Eine Besichtigung der Räumlichkeiten ist wegen einer Hochzeitsgesellschaft nicht möglich. Wir bewundern den Gebäudekomplex von außen. Rosmarie „besetzt“ den Krönungsstein der schottischen Könige, bzw. seine Nachbildung. Das Original befindet sich jetzt im Edinburgh Castle. Über Dundee fahren wir nach St. Andrews am Firth of Tay. Wir spazieren in der warmen Abendsonne am feinsandigen Strand zur Kathedrale und zum Schloss, bzw. deren Überresten, bummeln durch das malerische Zentrum und erobern vor einer Eisdiele noch einen freien Platz. Wir finden ein geschlossenes Cafe mit der Aufschrift „Where Kate met Wills (for coffee)“. Eine werbewirksame Erinnerung an die berühmtesten Studenten der Stadt. Das Wohnmobil steht derweil in der Parking Area des Leisure Centers, die für uns auch die ideale Stellplatzoption für heute Nacht darstellt.
Nach einem sonnigen Morgenspaziergang am feinen Sandstrand verlassen wir das schöne St. Andrews. Etwa 30 km südwestlich liegt der Ort Falkland mit dem gleichnamigen Palast. Wir bummeln durch den hübschen Ort, bis um 11 Uhr endlich die Tore des Palastes geöffnet werden. Die Senioren Tickets kosten 9 £. Wir erleben eine ca. 100 Jahre alte Einrichtung in einem mehr als 4 mal so alten Gemäuer. Insgesamt durchaus sehenswert, genauso wie der Garten. Und in der nordöstlich Ecke des Gartens liegt der „Real Tennis Court“ der 1539 eingerichtet worden war. Mary Queen of Scots hat hier – zum Entsetzen ihrer Umgebung in Männerhosen – Tennis gespielt. In Kinross vor dem Supermarkt nimmt ein Schotte Kontakt mit Otto auf - in Deutsch. Er hat einige Jahre in Deutschland gearbeitet. Wir fahren zum Anleger, von wo wir mit einem Boot zum Lochleven Castle übersetzen werden. Die nächsten freien Plätze gibt es um 15 Uhr. Die Stunde Wartezeit verbringen wir auf der sonnigen Terrasse des „Boathouse“-Restaurants. Das alte Gemäuer auf der winzigen Insel hat in seinen 700 Jahren schon viel erlebt. Natürlich war auch Maria Stuart hier gewesen – als Gast wie auch als Gefangene. Bei der Überfahrt zurück bläst ein heftiger Wind und schaukelt das kleine Boot kräftig durch. Er treibt Regenwolken vor sich her, die sich prompt über uns entleeren. Auf dem Parkplatz stehen inzwischen nur noch wenige Fahrzeuge von Gästen, die im Boathouse dinieren. Wir werden hier heute Nacht bleiben. Am Abend spazieren wir noch ein Stück des schön angelegten Uferwegs vorbei am alten Friedhof bis zum Kinross House. Dann mutiert der Niederschlag vom leichten Schauer zum dauerhaften Landregen.
Der Morgen ist grau aber trocken. Wir sind schon kurz nach 8 Uhr unterwegs nach Dunfermline, der ehemaligen schottischen Hauptstadt. Dank Rosis perfekter Vorbereitung kann Otto die Koordinaten des Parkplatzes am Pittencrieff Park ins Navi eingeben, das uns prima die gut 20 km dorthin lotst und der perfekt für die Besichtigung der Ruinen der Abtei und des Schlosses passt. Wir flanieren durch den Park und hören das lange Glockenspiel von einem der mächtigen Türme der Abbey Church. Diese stattliche Kirche empfinden wir interessanter als die Reste von Abtei und Königspalast, von den schottischen Königen bis zur „Union of the Crowns“ 1603 genutzt, als James VI. den Regierungssitz nach London verlegte. In der Kirche befindet sich auch das Grab von Robert The Bruce, einem der bedeutendsten Herrscher Schottlands Anfang des 14 Jh. Im riesigen Tesco Supermarkt besorgen wir Reise-Ess-Mitbringsel: Haggis, Blackpudding, Turnip und Scones. Nur etwa 10 km entfernt liegt Culross, dessen alter Ortskern ein Touristenmagnet sein soll. Er ist ganz nett, aber er scheint einen „Feldstärkeverlust“ erlitten zu haben – er ist menschenleer. Im ungemein gemütlichen Tea Room des alten Klosters oben am Hügel pflegt man angenehme Gastfreundschaft. Die 2 kleinen Räume sind liebevoll kitschig eingerichtet und die angebotenen Speisen sehr günstig. Nach der Stärkung machen wir uns auf die 120 km bis Jedburgh, unserem Stellplatz Ziel. Der Ort, an dem wir vor 4 Wochen unsere Schottland Rundreise gestartet haben, zeigt sich ungemein fremdenfreundlich. Der große Parkplatz im Zentrum ist kostenlos, ebenso wie die sauberen Toiletten und sogar das WLAN. Im Lauf des Nachmittages findet sich eine ganze Reihe an Wohnmobilen ein und deren Besatzungen machen es sich gemütlich. Auch wir sitzen draußen unter blauem Himmel bis zum Sonnenuntergang.
Otto ist Prophet. Im Bett hat er gestern für heute Regen vorhergesagt, der prompt bereits in der Nacht eingesetzt hat. Nichts ist in Schottland offensichtlich so beständig, wie die Unbeständigkeit des Wetters. Da wir einige Zeit fahren werden, stört uns das nicht weiter. Die Strecke bis Hermitage Castle ist schmal, holprig und kurvenreich – schottisch eben. Das Castle ist anders als alle anderen, die wir gesehen haben. Deshalb wollten wir es auch unbedingt noch besuchen. Trutzig und Fensterlos signalisiert es Widerstand und Unnahbarkeit. Maria Stuart war natürlich vor uns da: ein kurzer zweistündiger Aufenthalt bei ihrem schwer verletzten Liebhaber James Hepburn, wofür sie den berühmten 22-Meilen- Ritt innerhalb 1 Tages auf sich genommen hatte und daraufhin selbst schwer erkrankt war. Wir sehen zu, dass uns das Virus nicht auch noch erwischt und verlassen Schottland. Wir wollen zum Hadrianswall. Das Navi lotst uns die 50 km auf sehr schottischen Kleinststraßen. Das Fahrzeug ächzt und stöhnt. Der Regen ist mal leichter, mal stärker, aber immer präsent. Bei Gilsland stoßen wir auf die ersten Überreste der römischen Grenzbefestigung. Das Fort interessiert uns nicht. Wir möchten trotz des Niederschlags lieber am Wall entlang gehen. Wir parken zunächst in Walltown und spazieren durch die feuchte Natur, anschließend ein ganzes Stück länger bei Cawfields. Wie hoch mag diese Grenzsicherung des römischen Reichs vor 1900 Jahren gewesen sein? Und wo hatten die Bauleute das ganze Material für die 120 km lange Mauer her? In der Nähe von Haltwhistle schlagen wir unser Lager bei Hadrian‘s Wall Camping auf. Die Anlage ist gepflegt, die Sanitäreinrichtung sauber. Zu allem Überfluss geht am Abend die Wasserpumpe des Wohnmobils kaputt. Wir behelfen uns mit Wasserflaschen für die wenigen Tage bis nach Hause. Zudem kühlt der Kühlschrank mit Gas nicht mehr richtig. Wir werden ihn die letzten Tage so oft wie möglich mit Strom betreiben.
Es ist ein gemütlicher Morgen, wir haben Zeit. In Hexham geben wir das letzte britische Geld aus und um 12 Uhr sind wir am Fährterminal in Newcastle. Dabei waren sowohl Beschilderung als auch Navi einer Meinung und lotsten uns über zweispurige Autobahnen ohne enge Stadtstraßen hierher. Wir essen Seelachs mit gebratenen Bohnen vor dem Check In und warten. Die PRINCESS SEAWAYS legt pünktlich ab. Lange bleiben wir an Deck bzw. in der Sky Bar.
Mittwoch: Wir haben es im Reisegepäck – das schottische Wetter. In IJmuiden bei Amsterdam herrschen dichter Nebel und Dauerregen! Rechtzeitig sitzen wir im Womo im Bauch der Fähre. Aber nichts bewegt sich. Offensichtlich wird erst die linke Hälfte des Schiffes geleert, bevor man uns nach 1 Stunde Wartezeit endlich in das triste Wetter entlässt. Vor der Zollkontrolle staut’s dann noch mal, bis Otto den „Blockierer“ in die richtige Spur dirigiert. Was bauen die Holländer doch für tolle Straßen! Unser Womo bewegt sich leise schnurrend ohne Ächzen und Stöhnen vorwärts. Unsere Route führt über Utrecht und Arnhem nach Oberhausen. Gleich an der deutschen Grenze in Elten machen wir Mittagspause und mampfen Currywurst mit Pommes! Bei Dortmund kündigen wir Tante Resi telefonisch unseren Besuch an. Wir bleiben bis vor dem Abendessen bei ihr und ziehen uns dann auf den Parkplatz unterhalb zurück, wo wir übernachten. Es ist unglaublich warm.
Donnerstag: Heute Morgen sind wir noch mal 1 Stunde bei Tante Resi. Dann machen wir uns auf dem Heimweg und sind gegen 17 Uhr wohlbehalten wieder zu Hause.
Das Wetter – nun ja, man muss es nehmen, wie es kommt – wechselt ständig. Wir hatten mit Regen gerechnet, allerdings mit nicht so viel. Auch die Temperaturen tagsüber waren mit maximal 20° und häufig unter 15° unterhalb unserer Erwartungen. Und die Mücken sind in Teilen der Highlands eine echte Plage. Die Fahrräder würden wir nicht mehr mitnehmen, für unser Leistungsniveau sind Strecken und Klima weniger geeignet. Die Straßenbeläge sind viel rauer als bei uns und weisen oft tiefe Schlaglöcher auf. Die Fahrspuren sind häufig deutlich schmaler, als wir es gewohnt sind. Die schottische Natur, besonders in den nordwestlichen Highlands, ist bezaubernd schön. Malerisch bieten unzählige Burgruinen und stolze intakte Paläste mit ihren Gartenanlagen imposante Kulissen. Die Menschen sind reserviert, aber überaus freundlich. In der Summe, trotz der genannten Widrigkeiten, bleibt ein sehr positiver Gesamteindruck.
© copyright Otto Kinateder