Wochenlang hat uns die Hitzewelle die Luft zum Atmen genommen. Ein weiterer Dürresommer lieferte staubige Schlagzeilen. Endlich, heute am Sonntag, als wir Richtung Chiemsee unterwegs sind, regnet es. Zusammen mit uns wollen reichlich Urlauber gen Süden. Und gemeinsam sorgen wir für endlos verstopfte Autobahnen. Zeitweise kommen wir gerade noch im Schritttempo vorwärts. Statt der vom Navi prognostizierten eineinhalb Stunden sind wir letztlich zweieinhalb unterwegs. Als wir endlich auf dem Ramslerhof ausrollen, sind Johanna und Andreas auch schon da. Wir beziehen unsere gut ausgestattete Ferienwohnung und drehen nach dem obligatorischen Kaffee eine kurze Spazierrunde rund um den ausgetrockneten Taubensee. Andreas muss den Verlust seiner Wanderschuhe beklagen, konkret den der Sohlen. Sie haben sich komplett abgelöst. Abends gibt's feurige Pizza und Eis.
Zu allererst braucht Andreas neue Wanderschuhe. Die Auswahl ist groß, die Preise nicht minder. Er möchte hohe, idealerweise in braun. Am Ende bekommt er halbhohe grüne! Dann erobern wir Ruhpolding. Im Zentrum gepflegte Häuser mit Lüftlmalerei. Das Rathaus sticht besonders hervor. Hoch droben thront die fast 300 Jahre alte prächtige Rokoko-Kirche St. Georg. Und nochmal höher sind die Toten auf dem engen und steilen Bergfriedhof dem Himmel ein ganzes Stück näher. Für die irdischen Genüsse sorgt anschließend das Brot & Kaffeehaus Schuhbeck. Den Nachmittag widmen wir ganz dem Sport. Die Chiemgau Arena ist Austragungsort von Biathlon-Weltcups und -Weltmeisterschaften. Wir sehen beim Training zu. Von ihnen motiviert wandern wir zum glasklaren Förchensee. Die Hoffnung auf einen frischen Eisbecher im Gasthof Seehaus dort erfüllt sich leider nicht - geschlossen! Wir schaffen den Rückweg trotzdem und ratschen am Abend lange miteinander.
Laut Internetauskunft fahren heute weder die Unternberg- noch die Rauschbergbahn. Weil wir aber bei dem tollen Wetter ganz hochhinaus wollen, düsen wir zur Talstation des Hochfelln in Bergen. Bereits nach kurzer Wartezeit schweben wir gemütlich bergwärts. Schon erstaunlich, wie viele Menschen (mit Masken) in so eine Gondel passen. Und nach jeder Stütze kommt sie ganz schön ins Schwingen. Oben versuchen Rosmarie und Andreas die umliegenden Gipfel anhand der Panoramakarten auf installierten kreisförmigen Plexiglasscheiben zu identifizieren, was gar nicht so einfach ist. Wir umrunden den Gipfel auf dem Rundweg, einem Geo-Lehrpfad, und erfahren beiläufig, wie Korallen und Muscheln auf den 1674 Meter hohen Berg gelangt sind. Das in der Maxhütte gegossene, sechs Zentner schwere Gipfelkreuz, wurde vor über 130 Jahren mit reiner Muskelkraft von 40 Männern und mehreren Pferdegespannen hierher transportiert. Eine Reihe von Gipfelfotos dokumentiert unseren Besuch. Wolken umhüllen uns und rauben die Aussicht. Aufbruch. Andreas will die 600 Höhenmeter zur Mittelstation gehen. Wir anderen lassen uns bequem fahren. In der Gaststätte Hochfellnblick der Mittelstation wartet eine herzhafte Brotzeit auf alle. Andreas hat der teilweise steile Abstieg mehr zu schaffen gemacht, als er erwartet hatte. Hier wie auch später im Tal haben sich die Wolken verzogen. Ein warmer sonniger Nachmittag wartet auf uns.
Er ist nasser als erwartet. Ein Regentag ist laut Wikipedia ein Tag mit einer 24-stündigen gemessenen Regenhöhe ≥ 0,1 mm. Der Ort, der weltweit die meisten Regentage pro Jahr hat, ist der Vulkan Waiʻaleʻale auf der Insel Kauaʻi mit durchschnittlich 350 Regentagen pro Jahr. Wir haben zum Glück unseren Urlaub in Ruhpolding gebucht. Der Vormittag wird mit Lesen und Spielen (und Spülen) gefüllt. Mittags gibt's Weißwürste - danke Andreas. Und im Anschluss machen wir im Holzknechtmuseum in Laubau eine Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte Waldarbeit. Die ausgestellten Arbeitsgeräte und besonders die diversen alten Filmdokumente erlauben einen Einblick in die harte und gefährliche Tätigkeit. Als wir das Freigelände betreten wollen, gießt es in Strömen. Nach kurzer Wartezeit stapfen wir mit Schirmen bewaffnet trotzdem los. Der Wolkenbruch raubt uns relativ schnell den Spaß. Auf dem ganzen Gelände haben sich tiefe Pfützen gebildet. Wir geben auf und kehren zurück nach Ruhpolding. Dort, gerade mal drei (!) Kilometer nördlich ist es trocken. Unglaublich. Andreas und Otto fahren noch schnell tanken. Heute endet der dreimonatige Tankrabatt. Rosmarie und Johanna machen inzwischen Kaffee und dazu gebackene Apfelringe - sie schmecken toll!
Heute Vormittag ist's trocken, wie von uns bestellt. Die umliegenden Gipfel aber verstecken sich hinter dichten Wolkenhauben. Geduldig geben wir Petrus eine Chance und warten auf weitere Besserung. Wir vertreiben uns die Zeit mit Lesen und Ratschen. Mittags kutschiert Andreas uns zur Talstation vom Unternberg. Während wir langsam bergwärts gleiten, rauben noch einmal graue Wolkenfetzen jegliche Sicht. Jetzt ist es richtig kalt. Beim Aussteigen versprechen uns die Männer von der Bergstation, dass gleich die Sonne kommt. Und sie halten ihre Zusage ein. Wir spazieren hoch zu dem Gipfel-Marterl und danach rüber zum Boider Kaser. Johanna und Andreas trinken hier das beste Weißbier Bayerns, Rosmarie und Otto ein Haferl Kaffee, während der gesellige Wirt Otto die Aussicht verstellt (nur für Insider). Wir sehen Tandem-Paraglidern beim Start zu und verfolgen sie während unserer Talfahrt. Am Ortsrand von Ruhpolding wartet bei der Windbeutelgräfin ein reich gedeckter Kaffeetisch auf uns. Die Brandteigleckereien sind von imposanter Größe und schmecken hervorragend. Nur Rosmarie verweigert tapfer die Kaloriensünde und nascht nur ein paar kleine Stücke von Ottos Lohengrin #5. Am Abend essen wir bei Janos ungarisch und freuen uns über die musikalische Unterhaltung des Trachtenvereins D'Miesenbacher vor uns auf der Straße.
Endlich fährt auch die Rauschbergbahn wieder. Die Sonne lacht vom fast wolkenlosen Himmel. Heute nehmen wir diesen Hausberg Ruhpoldings in Angriff. Vom Ramslerhof haben wir nur wenige Schritte zur Talstation. Dort warten bereits zahlreiche Touristen, um sich bequem 950 Höhenmeter nach oben tragen zu lassen. Nach einer knappen Stunde Anstehen dürfen wir auch mit. Im letzten Stück ist der Berg felsig zerklüftet und unglaublich steil. Oben haben wir prima Sicht in die Chiemgauer Alpen und auf der anderen Seite das flache Chiemgau mit dem "Bayerischen Meer". Rosmarie und Andreas studieren wieder eifrig die Panoramakarte, um die einzelnen Gipfel zu identifizieren. Dann machen wir uns auf den Höhenweg Richtung Kienbergsattel. Als der Pfad nach einer halben Stunde unwegsam und schmal wird, kehren wir Flachlandtiroler lieber um. Wir wählen den Holzgeisterweg und kraxeln zum Gipfelkreuz. Nach getaner Müh steht uns der Sinn nach einer kräftigen Brotzeit. Auf der Terrasse des Rauschberghauses ist kein Platz zu kriegen. Notgedrungen fahren wir ab und essen zuhause. Danach ist Erholen angesagt.
Andreas hat für das Frühstück heute sogar Croissants besorgt - klasse! Damit fällt der Abschied leichter. Mit dem Packen sind wir relativ schnell fertig. Kurz vor 10 Uhr verlassen wir den Ramslerhof. Johanna und Andreas wählen den direkten Heimweg. Rosmarie und Otto spazieren noch ein letztes Mal durch Ruhpolding, hoch zum alten Bergfriedhof und über den Kurpark zum Auto. Für ein frühes Mittagessen wählen wir die Windbeutelgräfin. Dort haben wir beim letzten Besuch Kaspressknödel in der Karte gesehen. Und genau derentwegen sind wir jetzt hier. Sie schmecken super. Danach sind auch wir auf dem Heimweg. Als wir in den Verkehrsnachrichten hören, dass auf der A8 hinter Frasdorf wieder Stop & Go angesagt ist, fahren wir in Bernau kurzerhand von der Autobahn ab und zockeln ohne Behinderung über Wasserburg und Erding gemütlich nach Hause. Die Tage waren rundum schön!