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Nach den Eisheiligen

am Bodensee

Dienstag, 16. Mai 2023 - Umleitung nach Meersburg

Von wegen Wonnemonat Mai. Bis jetzt ist er nass und kalt. Heute soll's noch einmal ausgiebig regnen, dann aber trocken und vor allem wärmer werden. Und eine kurze Tour an den Bodensee war schon länger geplant. Während der Fahrt durch das Allgäu leisten die Scheibenwischer Schwerstarbeit. Kurz vor Friedrichshafen wird unser Vorwärtskommen jäh gebremst. Die B 31 ist komplett gesperrt. Eine lange Blechkarawane wird über Tettnang umgeleitet. Der Niederschlag hört auf. Vielleicht ist der Himmel ja endlich leergelaufen? Das Navi lotst uns mitten durch Friedrichshafen, hinein in die nächste Sperre: ein Stück der Friedrichstraße ist ausschließlich für den Linienverkehr freigegeben. Ein freundlicher Bauarbeiter erkennt, dass wir hier nur schwer wenden können und genehmigt uns die Durchfahrt. Als wir auf dem Stellplatz Allmend in Meersburg ankommen, sind zwei Lücken frei. Eine erste Stippvisite mündet in der Unterstadt am Seeufer. Der zeitgenössische Bildhauer Peter Lenk, immer für eine Provokation gut, hat in der Hafeneinfahrt die "Magische Säule" errichtet. Sie versammelt bekannte Persönlichkeiten der Meersburger Stadtgeschichte, wie z.B. Annette von Droste-Hülshoff in Form einer Möwe, Freiherr Joseph von Laßberg als Steckenreiter oder der Exorzist Johann Joseph Gaßner, dem die Teufel aus dem Körper fahren.

Meersburg

am Hafen von Meersburg

Säule

die "Magische Säule" von Peter Lenk


Mittwoch, 17. Mai 2023 - Frühstück in Konstanz

Weil wir gestern den Stellplatz nur für einen Tag gebucht haben, müssen wir ihn heute am Nachmittag verlängern. Und da der Besuch von Konstanz ansteht, starten wir kurz nach 7 Uhr, um rechtzeitig zurück zu sein. Per Fähre und Bus gelangen wir in die größte Stadt am Bodensee. Frühstück gibt's in einer kleinen Bäckerei am Bahnhof. Direkt dahinter an der Hafeneinfahrt hat Peter Lenk wieder ein Wahrzeichen geschaffen, die "Imperia". Sie ist eine leicht bekleidete Dirne, die während des Konstanzer Konzils die geistlichen und weltlichen Würdenträger bedient hat. Als Symbol trägt sie zwei Zwerge auf ihren Händen, einen mit der Kaiserkrone, den anderen mit der päpstlichen Tiara. Nach der Enthüllung des Kunstwerks 1993 kam es zu heftigen Protesten von Seiten der Kirche und von konservativen Stadträten. Sie forderten die Entfernung des Kunstwerks, weil es nicht nur die Kirche verunglimpfe, sondern auch einer Prostituierten ein Denkmal setze. Da sich die Figur aber auf dem Privatgelände der Deutschen Bahn befand, konnte die Stadt Konstanz die Entfernung des Kunstwerks nicht durchsetzen. Mittlerweile ist die Imperia zum Wahrzeichen der Stadt geworden. Ein kleines Stück weiter trägt auch der Kaiserbrunnen der Zeit des Konzils Rechnung. Der dreiköpfige Pfau symbolisiert die Spaltung der abendländischen Kirche und damit den historischen Hintergrund und Auslöser der Synode von 1414 bis 1418, als drei Päpste gleichzeitig Anspruch auf den Heiligen Stuhl erhoben. Wir wenden uns zum Rathaus mit seiner Renaissancefassade und natürlich dem fast 1000 Jahre alten Münster. Hier wurde am 6. Juli 1415 der Prager Reformator Jan Hus als Ketzer zum Tode verurteilt. Und zu guter Letzt wollen wir natürlich auch den Peter Lenk Brunnen noch sehen. Hier setzt sich der Künstler mit dem Autowahn und dem Freizeitwahn unserer Gesellschaft auseinander. Rechtzeitig zurück am Wohnmobilstellplatz lösen wir ein Ticket für drei weitere Nächte.

Imperia

die "Imperia" in der Hafeneinfahrt von Konstanz

Imperia

die "Imperia" in der Hafeneinfahrt von Konstanz

Konzil

das Konzilgebäude

Brunnen

der Kaiserbrunnen mit dem dreiköpfigen Pfau

Rathaus

vor dem neuen Rathaus

Brunner

Peter Lenk Brunnen, Mahnmal gegen den Autowahn und das Freizeitverhalten unserer Gesellschaft

Münster

Münster Unserer Lieben Frau

Seestraße

an der Seestraße


Donnerstag, 18. Mai 2023 - klösterliche Enthaltsamkeit

Heute kommen die Räder zum Einsatz. Wir strampeln zunächst nach Nordwesten ins nahe Unteruhldingen zu den berühmten Pfahlbauten. Sie sind das älteste archäologische Freilichtmuseum Deutschlands. Eine Zeitreise über 10.000 Jahre Geschichte. Wir rasten am Seeufer und fahren hoch zur Basilika Birnau, ein echtes Barockjuwel. Leider ist drinnen fotografieren nicht erlaubt. Der Kiosk nebenan versorgt uns mit Kaffee und Kuchen. Ein gutes Stück im Hinterland erwartet uns das Kloster und Schloss Salem. Die Zisterzienser waren die klösterliche Armutsbewegung des Mittelalters. Die später geründete Schule und das Internat hatten und haben international einen exzellenten Ruf. Sogar Prince Philip, Duke of Edinburgh, war 1933/34 hier Schüler. Bei einer Führung erleben wir die Prälatur, die Residenz der Äbte, mit ihren prächtig ausgestatteten Räumen: Bibliothek, Kaisersaal sowie Privat- und Empfangsräume. Asketische Enthaltsamkeit sieht anders aus.

Pfahlbauten

die Pfahlbauten in Unteruhldingen, im Hintergrund die Basilika Birnau

Birnau

die Basilika Birnau

Salem

Schloss Salem

Kirche

Klosterkirche Salem

Kirche

Klosterkirche Salem

Bibliothek

die Bibliothek im Schloss Salem

Kaisersaal

der prächtige Kaisersaal im Schloss Salem


Freitag, 19. Mai 2023 - von Burgherren (und -frauen)

Heute wollen die Drahtesel Richtung Südosten am Seeufer entlang. Weder Hagnau noch Immenstaad haben uns wirklich was zu bieten. Also zurück nach Meersburg. Otto möchte sowieso die dortige Burg besichtigen. Sie ist die älteste bewohnte Burg Deutschlands. Gekrönten Häuptern und geistlichen Fürsten bot sie über Jahrhunderte ein Zuhause. Seit langer Zeit in Privatbesitz ist sie heute für interessierte Besucher zugänglich. Und es lohnt sich. Von der Oberstadt her sieht man nur ein unspektakuläres trutziges Mauerwerk und Türme. Wir betreten sie über die Zugbrücke hoch über dem Burggraben. Der Großteil der Anlage ist weder prunkvoll noch edel. Aber sie vermittelt ein Gefühl, wie einfach die "alten Rittersleut" hier einst gelebt haben mussten. Der Ausblick auf die Unterstadt und den Bodensee, den wir bei einer Tasse Kaffee im Burgcafé genießen, ist grandios. Die berühmte norddeutsche Dichterin Annette von Droste-Hülshoff hat mehrere Jahre bis zu ihrem Tod hier verbracht. Ihre Wohnung, ihr Arbeits- und Sterbezimmer sind wesentlich gediegener und gemütlicher ausgestattet, als die übrigen Räume, die wir besichtigen können.

Burg

die Meersburg

Wache

"Dürnitz" - Stube der Burgwache mit fast 3 m dicken Mauern

Gewölbe

das Gewölbe des Hohenstaufengangs

Sterbezimmer

das Sterbezimmer von Annette von Droste-Hülshoff

Turmzimmer

das rote Turmzimmer war das Arbeitszimmer der Dichterin


Samstag, 20. Mai 2023 - abendliche Burgeroberung

Wir haben die Hektik des Stellplatzes in Meersburg endgültig satt. Pausenlos versuchten in den vergangenen Tagen Womo-Fahrer (überwiegend vergeblich) einen freien Stellplatz in der Touristenmetropole zu ergattern. Wem kein Glück beschieden war, der benutzte zumindest die kostenlose Entsorgungsstation gegenüber unserer Bleibenische. Der anvisierte Campingplatz in Stockach ist zwar auch komplett belegt. Wir können aber auf dem dazugehörigen Stellplatz unterhalb für 17 Euro bleiben und alle Einrichtungen des Campingplatzes mitbenutzen. Gleich hinter dem großzügigen Areal finden wir uns auf einer blühenden Wiese mit alten Obstbäumen wieder. Rosi ist super glücklich über unser neues Zuhause. Otto fordert sie am Abend noch einmal kräftig heraus, als er eine Wanderung zur Burgruine Nellenburg vorschlägt. Es sind ja nur etwa drei Kilometer, aber die führen ausschließlich schweißtreibend bergauf. Endlich angekommen, müssen wir erkennen, dass von der Burgruine kaum etwas stehen geblieben ist. Und die hohen Bäume rundum behindern die Aussicht. Aber wenigstens geht der Rückweg nach unten wie von alleine.

Wiese

Streuobstwiese neben dem Stellplatz in Stockach

Weide

"geschützte" Obstbäume

Schaf

neugieriger Schafbock

Rosi

Rosi hat die Nellenburg besetzt

Otto

Otto vor dem kümmerlichen Rest der Burg


Sonntag bis Dienstag, 21.-23. Mai 2023 - die Fischerin vom Bodensee

Laut dudelt der alte Schlager von der schönen Maid aus dem Handylautsprecher, als Otto beim Campingplatz Sandseele auf der Insel Reichenau anruft. Die überbordende Fröhlichkeit der Wartemusik ist für Rosi eher ein Grund, nicht dorthin zu fahren. Aber wir wollen die endlich sonnigen Tage trotzdem dort verbringen. Und bei der Ankunft mittags ist tatsächlich die Hölle los. Kinderschlangen vor dem Kiosk. Alle wollen noch mal Pommes oder Eis oder beides. Wir kommen gegen die abreisenden Caravan-Gespanne nicht an und warten geduldig in einer Ecke. Endlich ist unsere Einfahrt frei. Der Platz hat sich merklich geleert. Bis zum Abend ist es richtig beschaulich und ruhig geworden. Die folgenden beiden Tage erkunden wir die Gemüseinsel zu Fuß und per Rad. Aber Stress lassen wir dabei keinen aufkommen. Neben den sehenswerten drei romanischen Kirchen "entdecken" wir gemütliche Gartencafés und lauschige Plätze am See. Einzig die Masse an riesigen Glashäusern stört die Idylle. Aber vermutlich sind die ortsansässigen Reichenauer ebenso von den Touristenströmen genervt. Und so ist es eben angebracht, dass beide Seiten mit der nötigen Toleranz das Miteinander akzeptieren.

Sandseele

auf dem Campingplatz Sandseele

See

Seeufer, im Hintergrund der Campingplatz

Café

im Garten des Cafés am Kloster

Kirche

die Kirche St. Georg am Ostende der Insel

Kirche

die Kirche St. Peter und Paul im Nordwesten der Insel

Damm

auf dem Damm durch das Wollmatinger Ried

Hochwart

die Werkgalerie Hochwart im Zentrum der Insel

Terrasse

die Uferterrasse vom Camping Sandseele

Abend

Abendstimmung am See