Wir haben unsere Fahrräder bei der Hausratversicherung "abgemeldet", sie auf dem Heckträger fixiert und starten um 10 Uhr Richtung Garmisch. In Zirl ist die Mittagspause fällig. Mautfrei geht´s weiter bis zum Brenner. Auf der Europabrücke bringen heftige Orkanböen einen Reisebus vor uns ganz schön ins Schlingern. Und ab der italienischen Grenze düsen wir spritsparend bergab bis Borgo Valsugana. Hier hat Rosi einen Stellplatz ausgesucht. Otto hat sich bei der Koordinateneingabe ins Navi offensichtlich vertippt. Wir werden am Zielort steil bergwärts gelotst. Die Straße wird zur Gasse und irgendwann so eng, dass ein Weiterfahren nicht möglich ist. Nach Eingabe der Adresse anstelle der Koordinaten erreichen wir den Stellplatz unten mitten im Ort. 420 km zeigt der Tacho mehr an als heute Morgen. Bezahlung am Automaten mit 5 bzw. 10 Euro-Scheinen. Haben wir nicht. Otto geht Einkaufen/Geldwechseln (ohne Navi) und irrt zu Fuß genauso umher wie vorher das Womo. Nach ein paarmal Fragen landet er beim Coop nahe dem Stellplatz. Abendessen gibt´s noch auf der Picknickbank draußen. Dann kommt der Regen.
Blauer Himmel begrüßt uns. Schön. Mittags sind wir in Teolo in den Eugenäischen Bergen. Die wunderschöne Landschaft trägt jetzt dezentes Grau. Auf dem Monte Rua ist ein Kamaldulenser-Kloster. Leider ist die Pforte der Einsiedelei verschlossen. Die Wanderung den steilen Weg hoch, zuletzt zwischen hohen "Gefängnismauern", war umsonst. Nächstes Ziel ist Este. Beim Restaurant "Il Roccolo" haben wir tolle Aussicht auf die Umgebung. Und dann steht ein Schild an der Straße, dass nur Fahrzeuge bis 2,2 m Breite weiterfahren können. Wir sind aber 2,3 m breit! So ein Mist. Entnervt wenden wir und kurven Berg und Tal zurück um in Terme Montegrotto auf einem großen Parkplatz zu bleiben. Der Kurort ist bei weitem nicht so mondän, wie Otto das erwartet hat. Aber für einen Abendbummel doch ganz passabel. In der Nacht öffnet der Himmel alle Schleusen. Sogar Otto wird von dem Geprassel wach.
Otto besorgt für Rosis Uhr eine Ersatzbatterie. Vorher hat er ausgiebig die Womo-Dusche genutzt. Draußen ist´s wieder trocken. In Arquà Petrarca ist Hochzeitsstimmung. In der Ortskirche bitten Jungvermählte um göttlichen Beistand und im Rathaus findet parallel eine Trauung statt. Der Parkautomat hat die Kreditkarte verschmäht und das Bargeld verschluckt, ohne einen Parkschein rauszurücken. Den Sarkophag des berühmten Schriftstellers Francesco Petrarca vor der Chiesa di Santa Maria Assunta haben zunächst gar nicht gefunden. Aber die Geschichte um den Diebstahl eines Arms des Leichnams durch den Ortpfarrer und die Entdeckung, dass der Tote inzwischen einen weiblichen Schädel trägt, lässt einen Angst und Bange werden, wie Francesco beim Jüngsten Gericht wohl vor Gottes Angesicht treten wird. Bei einem Obst- und Gemüsehändler kaufen wir Granatäpfel und Giuggiola. Das sind Steinfrüchte, die optisch der Olive ähneln, aber leicht süßlich schmecken. In einigen Tagen wird hier die "Festa delle Giuggiole" gefeiert werden. Der Ort ist nett, genauso wie die Bedienung der Bar alla loggia. Die Stadt Este liegt am südlichen Ende der Eugenäischen Hügel. Im Zentrum befinden sich 2(!) Stellplätze. Einer davon ist zwar frei, aber gleichzeitig die Entsorgungsstation. Da beziehen wir lieber einen Pkw-Platz zwischen den Bäumen und nutzen den kostenlosen Stromanschluss nicht. Die Stadt ist schön. Und dazu ist die Sonne zurück. Wir bummeln durch das Casteletto, finden im Café davor einen freien Platz und erhalten in der Tourist-Information daneben einen Stadtplan. Rosi hat nur Sorge, dass die Ausfahrt vom Parkplatz durch die Via Vallesina für unser Gefährt zu schmal ist. Im Zweifelsfall will sie morgen ganz früh die Einbahnstraße in Gegenrichtung rausfahren. Vor dem Abendessen gehen wir in die prächtig ausgeschmückte Basilica di Santa Maria delle Grazie. Dort ist gerade Gottesdienst. Also bleiben wir einen Augenblick und verzichten auf Fotos. In der Stadt herrscht südländisches Treiben. Und in der Nacht ist richtig Leben auf dem Parkplatz.
Anita und Franz haben geschrieben, dass sie vor dem Regen im Friaul an den Campingplatz in Comacchio geflohen sind. Wir haben tolles Spätsommerwetter. Aber wir fahren jetzt auch direkt auf den Campingplatz Florenz, wo die beiden sind. Wir meiden die mautpflichtige Autobahn und holpern die 100 km auf teilweise schlechten Straßen über Adria an die Adria. Anita und Franz haben einen Platz für uns reserviert. Schön dass wir uns wieder sehen. Der Check In dauert, weil diverse Gäste abreisen und die Dame an der Rezeption lange und ausgiebig mit ihnen palavert. Den Nachmittag faulenzen wir am Strand.
Radtour durch die Lagune. Wir folgen der Empfehlung, die am Hafen von Porto Garibaldi beginnt. Eine Fähre setzt uns über den Kanal. Wir folgen der Beschilderung zu den Salinen von Comacchio. Vom ersten Vogelbeobachtungsturm haben wir einen sagenhaften Blick über die Wasserlandschaft. Die alten Salinen sind verschlossen. Sie sind nur auf Voranmeldung mit Führer zu besichtigen. Der Torre Rossa gehörte einst zu einer Verteidigungsanlage. Am Logonovo Kanal reihen sich einfache Fischerhütten mit einer seltsamen Netzkonstruktion über Wasser. Wir beobachten einen Piscatore, wie er das flache Netz ins Wasser lässt und wieder anhebt. Mit einem langen Kescher holt er seinen zappelnden Fang aus den Maschen. Wir fragen, ob wir zuschauen dürfen. Stolz zeigt er uns die elektrisch betriebene Anlage und demonstriert die Methode. In einem Seitenbecken wartet eine Flamingo-Kolonie auf uns. Wir verhalten uns ruhig, um sie nicht aufzuschrecken. Bald ist Comacchio erreicht. Der Ort wird malerisch von Kanälen durchzogen. Leider hat die Manifattura dei Marinati heute geschlossen, wo die Geschichte und die Verarbeitung von Aal erklärt wird. Auf dem Rückweg nach Porto Garibaldi beginnt es leicht zu regnen. Die knapp 30 km lange Radtour war wunderschön.
Der angekündigte Regen hat schon mal die ganze Nacht geübt. Das Prasseln auf dem Blechdach wollte kein Ende nehmen. Laut Prognose soll es den ganzen Tag anhalten. Da ist ein Besuch von Ravenna die einzig sinnvolle Aktivität. Anita und Franz nehmen uns in ihrem Bus mit. Das Mausoleum von Theoderich fotografieren wir nur schnell von außen. In einer Biglietteria kaufen wir Besichtigungstickets. Für günstige 9,50 € erhalten wir Zutritt zu "Basilica di S. Aollinare Nuovo", "Battistero Neoniano", "Museo Arcivescovile", "Basilica di S. Vitale" und "Mausoleo di Galla Placidia". Die darin enthaltenen uralten Mosaiken sind sensationell und gut erhalten. Mittendrin gibt´s Kaffeepause. Danach noch Besuch von "Tamo", was sich den Mosaiken museal widmet und dem Grabmal von Dante Alighieri. Wir sind des Schauens müde und fahren zurück. In Comacchio besuchen wir noch einmal die alte Aalfabrik. Heute ist sie geöffnet. Das Gezeigte ist jedoch selbst den Seniorenpreis von nur 1 € nicht wert. Ein Teil der Ausstellung ist aufgrund einer Veranstaltung gesperrt. Am Campingplatz gibt´s ein spätes Mittag-, oder ist´s ein frühes Abendessen. Endlich hört der Regen auf. Aber es ist kalt.
Wir packen ein. Nass. Sandig. Von oben trocken. In Ferrara stellen wir die Fahrzeuge nahe beim Zentrum auf einem Großparkplatz ab. Der ersten Sehenswürdigkeit widmen wir uns gleich mehr als ausgiebig. Das Castello Estense, umgeben von Wassergraben, dominiert das Zentrum. Die vielen Räume beherbergen unzählige Ausstellungsstücke und einige gut erhaltene Fresken. Erläuterungen in italiano e inglese. Das Ganze ist ermüdend. Der Blick vom Torre Leone entschädigt, wenn er auch zusätzliche 2 € kostet. Der monumentale Dom ist eingerüstet und mit Planen verhängt. Zu allem Überfluss auch noch verschlossen. Weitere Sehenswürdigkeiten: Palazzo dei Diamanti (eingerüstet und verhängt), Palazzo Massari (eingerüstet und verhängt), Palazzo Communale (ohne Gerüst). Durch die idyllische Via delle volte gehen wir zurück zum Parkplatz. Über die Abazzia di Pomposa - für eine Besichtigung sind wir zu müde - erreichen wir den Campingplatz Oasi bei Chioggia. Franz und Anita sind verständlicherweise frustriert, als sie feststellen, dass ein übler Zeitgenosse die Reifen ihrer Fahrräder zerstochen hat. Abendessen im Restaurant am Meer.
Franz und Otto montieren neue Schläuche, um die Bikes wieder mobil zu machen. Da die Hände schon schmutzig sind, wechselt Otto auch gleich die defekte Abblendlichtbirne an seinem Womo. Frisch geduscht und neu bereift geht´s auf nach Chioggia. Vorbei an den Massenstränden und Bettenburgen von Sottomarino. Hier möchten wir nicht Urlaub machen. In der alten Lagunenstadt ist heute Markt. Das Zentrum ist voller Menschen. Wollen die alle den textilen Tand kaufen, der hier feilgeboten wird? Wir halten uns abseits und kaufen frisches Obst. Auch die Fischhalle zieht uns an. It´s Lunchtime. Wir möchten einen schönen Platz an der Sonne. Gar nicht so einfach. Am Rand des Trubels endlich eine Option. Nicht schön aber sonnig. Pizzaschnitte mit Cappuccino. Zurück zum Oasi. Strandspaziergang und Radfahren.
Po-Delta wir kommen! Rosi und Otto checken aus, Anita und Franz werden heute Abend wieder im Oasi übernachten. Die beiden Womos sind auf einem Parkplatz nördlich von Rosaline Mare abgestellt. Auf die Sättel, los! Etwa 4 km entlang der Etsch flussaufwärts. Dann tauchen wir ein in eine bezaubernde Lagunenlandschaft. Ein geteertes schmales Asphaltband führt mitten hindurch. Auf beiden Seiten Wasser. Und scheue Wasservögel. Mittags erreichen wir die Insel Albarella. Sie ist in "Privatbesitz". Wir erhalten keinen Zutritt. Wenigstens bekommen wir im Ristorante Caffe Veneto außerhalb der Schranke Cappuccino und Brioche. Rückweg. Am Ende sind knapp 50 km mehr auf dem Tacho. Wir setzen uns noch kurz an den Strand bei der Etschmündung. Die Räder sind verstaut. Abschied. Anita und Franz nach Norden. Wir nach Süden. Wir wollen tiefer ins Delta eintauchen. Im Hafen von Gorino finden wir einen prima Stellplatz auf gepflegtem Rasen für nur 7 €. Mücken leisten uns Gesellschaft.
Die heutige Radtour führt uns um die Sacca degli Scardovari. Zunächst queren wir den Po di Goro über eine Pontonbrücke, gleich danach bei Santa Giulia den Po di Gnocca o della Donzella folgt ein weiteres Ponton. Die folgende Strecke nach Norden bis Cassella ist wenig reizvoll. Aber als wir die große Bucht von Scardovari erreichen, geht das Herz über. Spiegelglatt glitzert das Wasser in der warmen Sonne. Fischerhütten säumen das Ufer. Die kaum befahrene topfebene Straße erleichtert das Treten. Bei Scardovari haben wir mehr als 20 km gefahren. Deshalb wenden wir, da wir heute nicht so viel wie gestern zurücklegen wollen. Die kleine Bar "Oasi di Ca` Mello" versorgt uns mit warmen Panini und Kaffee. Etliche Schulklassen halten hier auch und werden offensichtlich parallel unterrichtet. Ein schöner Platz! Auf unserem Rückweg erreichen wir noch die Sacca di Bottonera um dann über Santa Giulia und die beiden Pontonbrücken in den Hafen von Gorino einzulaufen. Der Nachmittag dient dem Lesen, Schreiben. Nach dem Abendbrot statten wir Goro noch einen Besuch ab. Der Radweg auf dem Damm am Po-Arm entlang macht richtig Spaß. Und das Eis der Eisdiele in Goro schmeckt super.
Aufbruchsstimmung am Stellplatz. Wir auch. Rosi macht drinnen, Otto draußen klar Schiff. Otto wird dabei von ein paar Mücken unterstützt. Kaum unterwegs, setzt kräftiger Regen ein. Bei Padua wird´s besser. Am Caldonazzo-See steuern wir den bekannten Parkplatz an. Oha, von 20-9 Uhr 10 €, tagsüber 1,50 € pro Stunde. Da ist der Campingplatz "Spiaggia" mit 23 € billiger. Deutsche Kennzeichen sind in der Überzahl. Kurzer Bummel an der Seepromenade.
Der alte Ort Caldonazzo hat kein centro storico. Zumindest können wir keines entdecken. Der weitere Radweg am Seeufer nordwärts ist zunächst "holprig". Es gibt nämlich keinen. Von der Strandpromenade müssen wir zurück auf die Straße. Erst in Calceranica beginnt eine echte Veloroute direkt am Ufer. Nach Valcanover ist sie auch schon wieder zu Ende. Wir fahren noch weiter bis San Cristoforo und kehren dort um. Eine Umrundung des Sees würde bedeuten, die verkehrsreiche SS47 zu benutzen. Das ist für uns keine Option. In Calceranica entdecken wir einen attraktiven Campingplatz. Vielleicht testen wir "Camping Fleiola" mal im Frühsommer nächsten Jahres?
Für die Autobahnetappe zwischen Trento und Bozen sind 3 € fällig. Die Strecke über Meran, Reschen- und Fernpass kostet zwar etwas mehr Zeit als der Brenner, ist dafür aber optisch abwechslungsreicher und zudem gebührenfrei. Müde und zufrieden sind wir am Abend wieder zuhause. Schön war´s!