Freising 8 Uhr. Nieselregen. 10° Celsius. Adelzhausen 8:45 Uhr. Frühstück. Augsburg 9:30 Uhr. Regen. 10 Grad. Bis Stuttgart unverändert. Mittags ändert sich das Bild. Der Niederschlag lässt nach. Erste blaue Lücken am Himmel. Temperatur 20°. Zeit für eine Pause. Der Rastplatz Pforzheim liegt in einer großen Baustelle. Weiter. Die folgenden Parkplätze entlang der Autobahn immer das gleiche: LKWs soweit das Auge reicht und keine Lücke für unser kleines Womo. Endlich, bereits nach Karlsruhe, kann sich Otto zwischen zwei Brummis quetschen. Der Sonntag als Reisetag hat tatsächlich den Vorteil der LKW-freien Autobahn. Aber das erkaufen wir uns mit überquellenden Rastplätzen. Bis Achern sind es nur noch 40 Kilometer. Dort hat Rosi unseren zentrumsnahen Übernachtungsplatz ausgemacht. Wir bummeln durch das nette Städtchen und trinken vor dem Rathaus Kaffee. Den weiteren Nachmittag haben wir bequem Zeit, um vor dem Womo zu lesen. Der Abendspaziergang führt uns über die Hügel am Stadtrand, wo wir reife Kirschen von den Bäumen pflücken.
Beim Zähneputzen bemerkt Rosi Wasser unter dem Waschbecken im Bad. Der Abwasserschlauch hat also wieder einmal das Zeitliche gesegnet. Google sagt uns, dass es in Achern einen Globus-Baumarkt gibt. Auf dem Parkplatz dort baut Otto umgehend den Übeltäter aus und besorgt passenden Ersatz. Der Einbau geht schnell vonstatten. Trotzdem ist es bereits fast 11 Uhr, als wir auf die Autobahn Richtung Basel rollen. An der Ausfahrt nach Mülhausen am Dreieck Neuenburg dann das nächste Malheur: sie ist gesperrt! Wir müssen zwölf Kilometer weiter bis Efringen-Kirchen und von dort sechzehn Kilometer zurück nach Norden um in Neuenburg den Rhein nach Frankreich überqueren zu können. Die weitere Fahrt über Besançon nach Dijon verläuft gottlob problemlos. Um 16:30 Uhr beziehen wir unsere Parzelle #99 auf dem Camping du Lac Kir. Fürs Abendessen holt Otto beim Foodtruck an der Rezeption eine Pizza Quatre Fromage. Nächste Hürde: der Pizzabäcker spricht ausschließlich französisch. Wo die Zunge versagt, helfen Geduld, Hände und Füße weiter.
Heute steht die Besichtigung von Dijon auf dem Programm. Mit dem Bus Line 3 starten wir direkt vor dem Campingplatz und steigen an der Place Darcy aus. Im dortigen Jardin Darcy steht eine Replik des berühmten Eisbären von François Pompon. Durch die Porte Guillaume spazieren wir auf der Rue de la Liberte stadteinwärts bis zur Place François Rude. Der Platz mit dem alten Kinderkarussell ist heimelig und das kleine Café am Rand einladend. Wir gehen weiter zur historischen Markthalle, einer Konstruktion von Gustav Eiffel, dem berühmten Sohn der Stadt. Die Rue Verrrerie säumen alte Fachwerkhäuser. Und dann stehen wir staunend an der imposanten Place de la Libération vor dem Palais des Ducs. Der Palast der Herzöge ist erst wieder morgen zu besichtigen. Dafür ist jetzt die Kirche Notre Dame frei zugänglich. Vorher fand gerade ein Gottesdienst statt. Anschließend in der Eglise Saint Michel ist bei uns ein wenig die Luft raus. Wir sind des Gehens und Schauens müde und machen uns auf den Heimweg. Als Otto beim Busfahrer zwei Fahrkarten lösen möchte, nimmt uns der wegen der mangelnden Verständigung umsonst mit und erinnert uns an unserer Haltestelle sogar freundlich daran, hier jetzt auszusteigen. In der Rezeption verlängern wir um einen weiteren Tag, weil wir ja erst morgen ins Palais des Ducs können.
Das Wetter eignet sich heute perfekt für den Besuch des Herzogspalastes. Keine Sonne, ein Hauch von Niesel hängt in der Luft. Der Palast beherbergt heute das Rathaus, das Museum der Schönen Künste, das Stadtarchiv und das Fremdenverkehrsamt. Es dauert ein wenig, bis wir kapieren, dass man das Museum besichtigen muss, um Räume des Palastes zu sehen. Der Eintritt ist frei, aber man benötigt Tickets. Auf Ottos Smartphone mit neuestem Android 15 lässt sich die App mit Audioguide für die Beschreibungen und Erklärungen nicht starten. Rosis altes Handy meistert das Ganze problemlos. Der Rundgang präsentiert überwiegend Kunst und Kunstgeschichte in den fürstlichen Gemächern. Mittags essen wir eine Kleinigkeit auf der Place François Rude. Den kalorienreichen süßen Verlockungen in den Auslagen der vielen Patisserien, Schokoladengeschäften und Eisdielen widerstehen wir tapfer, wenn auch schweren Herzens. Statt per Bus gehen wir zu Fuß durch den alten Stadtteil um Saint Benigne und weiter auf dem Promenadenweg an der Ouche zurück zum Campingplatz.
Wir haben Dijon verlassen und fahren durch eine bezaubernde Landschaft, die Côte d'Or. Berühmter Wein wird hier produziert, der Grand Cru. Unser Ziel aber ist das Städtchen Beaune, wo wir auf dem großen Womo-Stellplatz Quartier beziehen. Mitte des 15. Jahrhunderts gründete der durch seine dritte Heirat zu Reichtum gekommene Nicolas Rolin ein Hospital und finanzierte seinen Fortbestand durch eine Stiftung. Ein eigener Bauernhof und ein großes Weingut trugen zur Versorgung bei. Das Besondere aber war, dass hier die Armen und Kranken kostenlos gepflegt und versorgt wurden. Das Hotel Dieu wurde nach modernstem Standard ausgestattet und die namhaftesten Künstler seiner Zeit mit der Ausgestaltung beauftragt. Bis 1955 wurden noch alte Menschen dort gepflegt. Wir stehen fasziniert im Innenhof, dem großen Saal der Armen, der Kapelle und der Abteilung der Reichen. Audio Guides bringen uns die gesamte Einrichtung sehr anschaulich nahe. In Frankreich ist heute ebenfalls Feiertag und die Stadt mit ihren Bars und Restaurants entsprechend voll. Wir warten in einem Straßencafé vergeblich auf die bestellten Getränke. Etwas Zeit widmen wir der Kirche Notre-Dame, in der ein mittelalterlicher Wandteppich die Geschichte Mariens erzählt. Am Abend hat sich der Womo-Stellplatz restlos gefüllt.
Lässt das Sardinenbüchsen-Feeling des Stellplatzes in Beaune Rückschlüsse für die Weiterreise zu? Wir befürchten es und steuern trotzdem unangemeldet den Campingplatz in Pouilly-en-Auxois an, einer Partnerstadt des württembergischen Lenningen. Drei Tage Radfahren am Kanal haben wir hier geplant. "Do you have a reservation?" Oh je, nein. Ein neuer Plan muss her. Wir bemühen Internet und ACSI und erhalten telefonisch die Bestätigung, dass der Campingplatz in Saulieu noch Kapazität für uns hat. Es ist unglaublich heiß. Unter einer großen Linde finden wir einen schattigen angenehmen Rückzugsort.
Die angekündigte Hitze hält an. Trotzdem gehen wir unter der heißen Sonne vormittags ins Zentrum des liebenswerten Städtchens. Es ist mehr dem Zufall geschuldet, dass wir hier erneut auf den Bildhauer François Pompon stoßen. Er ist nämlich 1855 in Saulieu geboren. Der endgültige Durchbruch gelang ihm erst 1922 mit seinem Polarbären im Stil des Art déco. Wir besuchen sein Museum im alten Pfarrhaus und bewundern die Ausdruckskraft der ausgestellten Exponate. Im Café Parisien genehmigen wir uns koffeinhaltige Erfrischung und gehen zurück zum Campingplatz. Den heißen Nachmittag ruhen wir beschaulich vor dem Womo im Schatten der Bäume. Morgen sollen die Extremtemperaturen ein Ende haben.
Ade Émilie und Raphaël. Wir haben euren wunderschönen Campingplatz in Saulieu sehr genossen. Semur-en-Auxois mit seinem mittelalterlichen Stadtkern erwartet uns. Wir wollen dort auf dem kostenlosen Stellplatz eine Nacht bleiben. Die Fahrt auf kurvigen Straßen durch die hügelige Landschaft ist abwechslungsreich. Riesige Getreidefelder nehmen bereits eine leichte Gelbfärbung an. Weiße Charolais-Rinder stehen bis zum Bauch im üppigen Weideland. Bei der Ankunft ist unser Ziel komplett von fahrendem Volk blockiert. Volksfest! Wir weichen auf den Parkplatz bei Intermarché aus und gehen von dort ins Zentrum. Hier ist gerade Markt und richtig was los. Wir spazieren durch die Gassen und ein Stück auf der alten Stadtmauer. Ein kleines Café bietet uns zwei schattige Plätze. Auf die Übernachtung in Semur-en-Auxios verzichten wir und fahren gleich weiter nach Montbard, wo wir auf dem Camping Municipal einen gemütlichen Platz für die nächsten beiden Tage finden.
Wir wollten hier in Montbard am Kanal entlang endlich auch unsere Fahrräder nutzen. Seit gestern Nachmittag stehen sie startbereit neben dem Womo. Rosi hatte eine schlimme Nacht. Wegen extremer Hüftschmerzen konnte sie kaum schlafen und ist heute nahezu bewegungsunfähig. Otto besorgt in einer Boulangerie schnell Baguette und Croissants. Aber das Frühstücksvergnügen ist keines. Es steht fest: wir müssen hier und jetzt unsere Tour abbrechen und nach Hause fahren. Entgegen aller Verkehrsvorschriften platzieren wir Rosi auf der Längsbank hinter dem Fahrersitz. Nur liegend sind ihre Schmerzen einigermaßen erträglich. Um 9:30 Uhr brechen wir auf. Von der Fahrt ist nicht viel zu berichten. In der zweiten Hälfte erleben wir immer wieder heftigen Starkregen und vor Karlsruhe beziehungsweise vor Pforzheim gibt's (wie immer) Stau. In Sulzemoos werden Grauwasser und WC entsorgt und nach 795 langen Kilometern sind wir 10 Stunden nach der Abreise wieder zuhause.