
Mit Ausnahme der Pandemiepausen sind wir fast jedes Jahr am 28. Dezember nach Habischried gefahren, um dort mit Bekannten und Freunden in der Natur des Bayerischen Waldes den Jahreswechsel zu feiern. Heuer wollten wir diese Routine durchbrechen und haben uns für eine Städtereise entschieden. Bei www.kurzurlaub.de wurden wir fündig und buchten im Hotel H4 in Leipzig das passende Arrangement mit Halbpension für drei Nächte bis zum 1. Januar.
Gut 400 Kilometer trennen uns von unserem Ziel. Das geringe Verkehrsaufkommen heute am Sonntag macht die Fahrt sehr angenehm. In der komplett überfüllten Raststätte Frankenwald essen wir hoch über der A9 eine Kleinigkeit und am frühen Nachmittag erreichen wir Leipzig und beginnen unser Programm mit der Besichtigung des Völkerschlachtdenkmals im Südosten der Stadt. 1813 besiegten dort die Armeen von Österreich, Preußen, Russland und Schweden die französischen Streitkräfte unter Napoleon und beendeten seine Herrschaft in Deutschland. 100 Jahre später weihte Kaiser Wilhelm II. das gewaltige Mahnmal für den Frieden ein. Der Koloss ist das höchste Baudenkmal Europas (und übrigens nur zwei Meter kleiner als die New Yorker Freiheitsstatue). Einen guten Teil der 500 Stufen hinauf zur Spitze bewältigt ein Aufzug für uns. Den Rest winden wir uns auf unglaublich engen Treppenwendeln himmelwärts. Der "Verkehr" wird von Ampeln unten bzw. oben geregelt, vor denen sich jeweils lange Schlangen bilden. Aussicht genießen ist nur teilweise möglich. Der Umgang ist sehr schmal. Wer stehen bleibt, blockiert die Hinterherkommenden. Trotz der Sonne ist es frostig kalt. Wir verlassen das martialische Monument und fahren zu unserem Hotel am östlichen Stadtrand. Empfangen vom freundlichen Service an der Rezeption legen wir unsere müden Beine im großzügigen Zimmer hoch. Es passt hier!
Eigentlich wollten wir ja die Straßenbahn ins Zentrum nutzen. Weil aber die einfache Fahrt für zwei Personen genauso viel kostet wie der Tagespreis im Parkhaus am Bahnhof, bemühen wir doch unser Auto. Bis zum Ausgangspunkt der friedlichen Revolution der damaligen DDR an der Nikolaikirche gehen wir noch einmal gemütliche 10 Minuten. Das Äußere des Gotteshauses beeindruckt uns nicht wirklich. Das ändert sich jedoch schlagartig mit dem Betreten der Kirche. Helle Farbtöne von weiß, rosa und hellgrün dominieren den hohen gotische Innenraum, stilvoll um klassizistische Elemente ergänzt.
Nur wenige Schritte weiter bringen uns zu den Einkaufstempeln der modernen Gesellschaft. Prächtige Shoppingmeilen, wie "Specks Hof" oder die "Mädler Passage" wollen mit ihren exklusiven Läden die begüterten Kunden verwöhnen. Wir tauchen ein in eine unerwartet mondäne Welt. In der Mädler Passage stauen sich die vielen Gruppen der Stadtführungen. Alle sollen schließlich erfahren, dass sich der junge Student Goethe gerne in dem Weinlokal im Untergeschoss aufgehalten hat, in "Auerbachs Keller". Die alte Sage von Dr. Faust hat der Dichter später dann in seine berühmte Tragödie eingearbeitet. Auf dem Platz vor der Passage, dem Naschmarkt, haben Anfang des 20. Jahrhunderts die Stadtväter (Stadtmütter gab's zu der Zeit noch keine) dem dichtenden Studenten zu Ehren ein Bronzestandbild errichtet. Das Alte Rathaus trennt den Naschmarkt vom Markt, dem Mittelpunkt im Zentrum der Stadt. Ein gutes Stück weiter erwartet uns das Neue Rathaus. Wirklich neu ist der mehr als 100 Jahre alte Sitz der Stadtverwaltung aber auch nicht. Er gleicht einer trutzigen Festung, steht ja auf dem Platz der ehemaligen Pleißenburg. Uns ist kalt geworden. Mit einem Kaffee beenden wir das heutige Besichtigungsprogramm.
Die großzügige Brunnenanlage am Augustusplatz stiftete einst die Kaufmannswitwe Marianne Pauline Mende zur Verschönerung Leipzigs. Dahinter thront das Neue Gewandhaus. Die Zustimmung des DDR-Staatsapparates zu einem Neubau im Jahr 1977 wird vor allem dem Einsatz des damaligen Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur zugeschrieben. Gegenüber glänzt die Glasfassade vom Paulinum, dem Zentralpunkt der Uni, in der Sonne. Und gigantisch ragen darüber die 34 Stockwerke des Panorama-Towers empor. Keinerlei Hochnebel verschleiert den Himmel. Eine ideale Voraussetzung, die Stadt jetzt von hoch oben zu erkunden. Der Aufzug in die 29. Etage ist kostenlos, nur für die weiteren zwei Stockwerke zu Fuß ist ein Obolus von 5 Euro zu entrichten. Der Ausblick ist tatsächlich phänomenal. Kurz gehen wir anschließend zum Holocaust Mahnmal an der Zentralstraße. 140 leere bronzene Stühle stehen am Ort der von den Nationalsozialisten zerstörten Synagoge.
Vor der Thomaskirche wartet eine unendlich lange Menschenschlange auf Einlass zur Silvestermotette. Wir reihen uns ein und üben uns in Geduld. Bis zum Beginn des Konzerts ist noch mehr als eine Stunde. Programmverkauf und Einlass starten 45 Minuten vor Anfang. Als wir endlich an der Kasse stehen, hören wir, dass es noch 15 Tickets gibt. Durchatmen - Glück gehabt. Zusammen mit 1.500 Zuhörern genießen wir die festliche barocke Musik, eindrucksvoll vorgetragen vom Thomanerchor, Solisten und dem Gewandhausorchester. Ein tolles Erlebnis. Draußen auf dem Thomaskirchhof unter dem Bach-Denkmal gibt der Thomanerchor anschließend noch sein traditionelles Jahresabschluss-Ständchen. Die Stadt hat sich in der Zwischenzeit geleert. Nur die Cafés sind voll. Am Abend erwartet uns im Hotel heute ein fünfgängiges Galadiner. Als wir zur angekündigten Uhrzeit um 19:30 Uhr eintreten sind wir die letzten Gäste, das Essen hat bereits begonnen. Unser Menü hat sich somit auf vier Gänge reduziert. Die Speisen schmecken uns prima. Leider ist der Lärmpegel im Restaurant sehr hoch. Als dann gegen 21:30 Uhr ein DJ zum Tanzen auffordert, sind Ottos Hörnerven endgültig überstrapaziert. Eine Weile später ziehen wir uns auf unser Zimmer zurück und genießen später das nicht enden wollende Feuerwerk von dort aus.
Ausschlafen, gemütlich das reichhaltige Frühstücksbuffet genießen, Aufbruch Richtung Freising. Auch heute ist wegen des Feiertags wenig Verkehr auf den Straßen. Anita und Franz haben uns nach Burglengenfeld auf einen Kaffee eingeladen, was wir gerne annehmen. Glücklich und zufrieden kommen wir mit Einbruch der Dunkelheit zuhause an. Sehr schön war's!